Art. 35—38.
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Satz 33 zu beweisen. Betrachtet man nämlich zwei Gerade ($ und §,
so existiert nach 35 eine Affinität, welche © in überführt, in welcher
also jedem uneigentlichen Punkt von © ein uneigentlicher Punkt
von § und umgekehrt entspricht. Demnach enthalten beide Gerade
gleichzeitig keinen, einen oder mehr als einen uneigentlichen Punkt.
Demnach hat man außer der Geometrie ohne uneigentliche Punkte
(projektive Geometrie) zwei „affine“ Geometrien zu unterscheiden:
erstens die „Euklidische“, in welcher jede eigentliche Gerade genau
einen uneigentlichen Punkt enthält: zweitens die „Nicht-Euklidische“
von Bolyai und Lobatschefsky, in welcher jede eigentliche Gerade
mehrere uneigentliche Punkte enthält.
Euklidische affine Geometrie.
Für diese ist nach vorhergehendem der Grundsatz charakteristisch:
36. G rundsatz: Auf jeder eigentlichen Geraden liegt genau ein
uneigentlicher Punkt; also in jeder Ebene genau eine uneigentliche
Gerade, im Baume genau eine uneigentliche Ebene.
D. h. wenn wir jetzt die Ausdrucks weise „uneigentlicher Punkt“
fallen lassen und zur ursprünglichen Bedeutung derselben zurückkehren:
Zu jeder Geraden ($ gibt es durch einen Punkt P außerhalb der
selben in der Ebene {P©} genau eine parallele (j ) (s. Def. 37)
Gerade. (Euklidisches Parallelen-Axiom.)
Mit Bücksicht auf 33 kann dieser Grundsatz durch den spezielleren
ersetzt werden:
Zu einer bestimmten Geraden ($ gibt es durch einen bestimmten
Punkt P außerhalb derselben in der Ebene {P©} genau eine pa
rallele Gerade.
Daß durch Annahme dieses Grundsatzes weder der Desarguessche
Satz in der Ebene, noch der Pascalsche Satz aus den Verknüpfungs
und den reinen Anordnungssätzen allein beweisbar werden, ist evident,
da sich diese Geometrie von der projektiven nur durch die Bezeich
nung bestimmter Elemente als „uneigentlicher“ unterscheidet.
37. Definition: Zwei sich nicht schneidende Geraden einer
Ebene heißen parallel (|j); ebenso zwei sich nichtschneidende Ebenen
oder eine Ebene und eine sie nicht schneidende Gerade. Zu den Ele
mentarkonstruktionen des Verbindens und Schneidens tritt nunmehr
noch die des Parallelenziehens, d. h. des Verbindens eigentlicher und
uneigentlicher Punkte.
38. Satz: Sind zwei Gerade (3 t , ($ 2 einer dritten & parallel, so
sind sie einander parallel.