Bemerk. über einige Beweise gegen das actual Unendlichgrosse und Unendlichkleine. 697
gemeinschaftlichen Ende nicht ausgeschlossen sind. Ueberdies weiss man nicht,
•was die Neigung ist.
2) Wenn zwei Linien AB, AC sich schneiden, so heisst die mehr oder
weniger grosse Quantität, um welche diese Linien bezüglich ihrer Lage von
einander abstehen, Winkel u. s. w. (Legendre).
Die Definition Schlegel's (a. a. 0.) ist dem Begriff nach ähnlich ; nach ihm
ist der Winkel der Unterschied der Richtung zweier Graden.
3) Von Vielen wird der Winkel als Grösse oder Mass der Rotation eines
Schenkels um den andern in der Ebene definirt (z. B. Sannia und B’Ovidio a. a. 0.).
Dabei wird aber von der Ebene Gebrauch gemacht und man weiss überdies
nicht, was in abstractem Sinn die Rotation oder ihre Grösse sein soll. Diese
Definition entspricht jedoch besser als die übrigen, die bekannt sind, der Vor
stellung von einem Winkel; die Grösse der Rotation ersetzt die intensive Grösse
des Winkelsectors nach unsrer Definition.
4) Andre sagen, der Winkel sei die von zwei Graden oder Strahlen, welche
einen Punkt gemein haben, gebildete Figur (Huüel, Cassant, de Tilly, u. s. w.).
Nach dieser Definition würden alle Winkel gleich sein, weil sie von zwei Graden,
die sich in einem Punkt schneiden und gleich sind, gebildet werden. Offenbar
genügen die Strahlen nicht, wenn man nicht erklärt, welche Figur sie bestimmen
oder welche andre Elemente hinzutreten um sie zu bestimmen. Nach unsern
Definitionen bestimmen zwei Strahlen, welche sich schneiden, zuerst das grad
linige Paar (S. 257), den Winkeisector und den Winkel in dem Büschel (S. 317,
318) und die analogen Dinge in der Ebene (S. 327).
5) Schliesslich definirt man den Winkel als den Theil der Ebene, welcher
durch zwei von einem Punkt ausgehende Strahlen eingeschlossen ist (.Bertrand
von Genf, Grelle, Balt2er, Be Paolis, Lindemann a. a. 0. S. 544), während der
Winkel im gewöhnlichen Sinn eine Grösse von einer Dimension ist und nicht
von zweien, wie ein Theil der Ebene. 1 )
Note IV.
Bemerkungen über einige Beweise gegen (las actual Unendlichgrosse und
Unendlichkleine.
In einer Zuschrift an Schumacher~) protestirt Gauss gegen den Gebrauch
der bestimmten unendlich grossen Quantität und ist der Ansicht, dies sei in
der Mathematik niemals erlaubt. Das Unendliche ist, nach Gauss, nur eine
„Façon de parier“, indem man eigentlich nur von Grenzen spricht, denen ge
wisse Verhältnisse so nahe kommen als man will, während andern ohne Ein
schränkung zu wachsen gestattet ist.
Durchaus gerechtfertigt ist die Bemerkung, welche Gauss gegen den Beweis
von Schumacher macht, welcher mittelst der bestimmten unendlichen Grösse 1 2
1) Siehe die Anm. zur Vorrede S. XXIX.
2) Vom 12. Juli 1831.