Full text: Grundzüge der Ausgleichsrechnung

2 Kap. I. Vermittelnde Beobachtungen gleicher Genauigkeit. 
wissen, welches 1 der Wahrheit X am nächsten liegt. Denn 
setzen wir 
~j - ~£3 ■ X, 
so kennen wir von den begangenen Messungsfehlern und £■> nur 
die Differenz ans 
l\ ?2 —— ^2 
nicht aber die einzelnen Beträge e. Wir setzen jedoch voraus, 
dafs die Messungsfehler keinen regelmässig wirkenden Einflüssen 
entsprungen, sondern hervorgegangen sind aus den mancherlei 
dem Beobachter verborgenen Ursachen, welche in der Unvollkom 
menheit der Mefswerkzeuge und unsrer Sinne liegen und in ihrem 
wechselnden Zusammenwirken die Beobachtungen bald nach der 
einen, bald nach der andern Seite, bald mehr, bald weniger von 
der Wahrheit ablenken und so den Messungsfehlern den Cha 
rakter des Zufälligen erteilen. Dieser Charakter prägt sich am 
deutlichsten darin aus, dafs in einer grüfseren Anzahl von Mes 
sungsfehlern entgegengesetzt gleiche Fehlerbeträge gleich häufig 
vorkomnen. Finden wir, dafs von einer gewissen Gröise die posi 
tiven Fehler überwiegen, so sind wir naturgemäfs gezwungen, auf 
einen regelmäfsig wirkenden Einflufs zur Erklärung der Erschei 
nung zu schliefsen. So oft wir demnach von zufälligen Mcs- 
sungsfehlern reden, sind solche gemeint, denen die vorhin hervor 
gehobene Grundeigenschaft innewohnt und sich um so deutlicher 
ausprägt, je gröfser die Anzahl der Fehler wird. Denn auch bei 
solchen Erscheinungen, die wir von vornherein unzweifelhaft als 
zufällig bezeichnen, erwarten wir nicht, dafs der Charakter des 
Zufälligen sich schon in wenigen Fällen ausspreche. So betrach 
ten wir es als reinen Zufall, d. h. wir nehmen die Aussichten als 
gleich an, ob der blinde Griff in einen Beutel, worin weifse und 
schwarze Kugeln in gleicher Anzahl wohl gemischt liegen, eine 
weifse oder schwarze zu Tage fördert. Wenn tausend solche Beu 
tel bereit stehen und aus den zehn ersten je eine weifse Kugel 
gezogen wird, erachten wir uns noch nicht berechtigt, daran zu 
zweifeln, dafs die Aussichten, gezogen zu werden, für beide Farben 
gleich seien. Aber wenn nach tausend Griffen die weifse noch 
wesentlich vorwiegt, werden wir vermuten, dafs hier kein Zufall 
walte, und untersuchen, ob die schwarzen Kugeln vielleicht spezi 
fisch schwerer und beim Mischen hinabgesunken sind, oder Ähn 
liches.
	        
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