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Vorrede zur deutschen Ausgabe.
Den deutschen Lesern, denen ich die von Herrn Dr. P. Klaess
angefertigte vorliegende Übersetzung meiner „Elemente“ darbiete,
schulde ich einige Worte der Aufklärung über die Absicht, in der
das Buch verfaßt wurde.
Es wurde hauptsächlich für die Schüler der Philosophie-Klasse
geschrieben; diese Klasse bildet den Abschluß der humanistischen
Studien an den mittleren Lehranstalten Frankreichs. Die meisten
dieser Schüler bringen zum Studium der Philosophie ziemlich weit
gehende literarische, aber geringe exakt-wissenschaftliche Kenntnisse
mit. Der Zweck des mathematischen Unterrichtes in unserer Philo
sophie-Klasse besteht nun darin, daß wenigstens hei den begabteren
Schülern die Begierde, zu wissen, was Mathematik eigentlich ist, ge
weckt werde; daß die Schüler einige der gebräuchlichsten Methoden
und die die Mathematik beherrschenden Ideen kennen lernen. Diesen
Lehrgang suchte ich zu entwickeln; ich wollte jedoch nicht bloß ein
Schulbuch schreiben; mein Streben ging dahin, die mathematischen
Begriffe, die meiner Ansicht nach ein wirklich gebildeter Mann
kennen soll, zusammenzufassen, und zwar so zusammenzufassen, daß
derjenige, der sich diese Begriffe ganz zu eigen gemacht hat, die Un
endlichkeit der Wissenschaft, bis an deren Schwelle ich ihn führen
wollte, wenigstens ahnt. Das Anmaßende eines solchen Strebens habe
ich mir nicht verhehlt; allein ich muß sagen, was ich versucht habe.
In allen Ländern kann man zahlreiche junge Leute finden, die
beim Abschluß ihrer mittleren Studien mehr oder weniger deutlich
fühlen, was ihnen fehlt. Ein bißchen Rechnen, ein bißchen Algebra,
ein bißchen Geometrie: Das ist alles, was sie gelernt haben. Und
zur Hälfte haben sie das Gelernte schon wieder vergessen; es war
dies übrigens so gering, daß es sie kaum fesselte, denn sie sahen
weder die Fortsetzung noch den Nutzen von dem, was sie gelernt.
Vielleicht sind ihnen die Resultate irgendeiner andern Wissenschaft
aufgefallen; sie fühlen sich zu ihr hingezogen, allein ihre Unwissen
heit in der Mathematik hindert sie, dieselbe zu studieren. Das Gefühl
dieses Unvermögens lastet auf ihnen; es erwacht bei dem Mediziner,
der Physik und Chemie studieren soll, beim Juristen, der sich ein
bißchen mit Nationalökonomie abgeben will, beim Reisenden oder
beim Kaufmann und besonders bei all denjenigen, deren technische