Full text: Vorlesungen über die Experimentalphysik (Vierter Theil)

ioo Besondere Naturlehre. 
schreiben wollte, ich werde daher durch ihre Vorzeigung 
von ihrer Einrichtung undGebrauch, den Mängeln einiger 
und den Vorzügen anderer, eine deutliche Idee geben. 
Vom Thaue. 
§. 2076. Unter Thau (ros) versteht man diejenige 
Feuchtigkeit, welche sich sehr oft Abends, nach Unter 
gang und frühe, vor Aufgang der Sonne an die Pflan 
zen in Gestalt der Tropfen anlegt, auch die Flächen an 
derer, der Luft ausgesetzten Körper überzieht. Diese 
Erscheinung ist besonders in den Sommermonaten, nach 
heissen Tagen und bey stillem, heitern Himmel, bey uns 
sehr gemein. 
§. 2077. Die Alten glaubten, der Thau komme von 
den Sternen, oder werde doch sehr hoch in der Luft er 
zeugt. Vossnls setzt den Ursprung desselben in die 
Höhe einer deutschen Meile. Wegen dieses vermeinten 
astralischen Ursprungs haben die Alchymisten im Thaue 
grosse Geheimnisse gesucht. Daher kommt auch die an 
genommene Redensart, daß der Thau falle, wel 
ches keinesweges im buchstäblichen Sinne zu nehmen ist. 
§. 2078. Gersten, Professor zu Giessen, bewies 
zuerst durch viele Versuche, daß der Thau fast immer auf 
steige. 
§. 2279. Jede Pflanze thaut nach ihrer eigenen Art 
und Struktur der Gefässe; bey vielen sammlen sich die 
Tropfen an den äussersten Spitzen und an den Rändern 
der Blätter, welches bey herabfallenden Tropfen unbe 
greiflich wäre; Pflanzen, die mit Glocken bedeckt sind, 
werden eben sowohl vom Thaue benetzt, als freystehende. 
Körper, die auf Metallblechen lagen, wurden, bey 
Berstens Versuchen, vom Thaue nicht naß. 
§ t 2080.
	        
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