Elektron
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§ 16
magnetischen Felde herrührt, mußte wie das Feld selbst, von
der Geschwindigkeit abhängen, mit welcher das Elektron den
Äther durchfliegt.
Gerade als die Erörterung der Frage bis zu diesem Punkte
gelangt war, lernte man in den /3-Strahlen des Radiums nega
tive Elektronen kennen, die noch rascher als die Kathoden
strahlteilchen sich bewegen. W. Kaufmann 1 ) zeigte, daß das Ge
schwindigkeitsspektrum der ß-Strahlen bis dicht an die Lichtge
schwindigkeit heran reicht. Auch stellten bereits die ersten Ver
suche Kaufmanns es außer Zweifel, daß die Trägheit dieser Elektro
nen mit wachsender Geschwindigkeit ansteigt. Hieran anknüp
fend hat der Verfasser dieses Werkes eine Dynamik des Elek
trons 2 ) ausgearbeitet, welche geeignet war, die Versuche Kauf
manns auf rein elektromagnetischer Grundlage zu deuten.
In diesem Paragraphen sollen die Grundhypothesen dar
gelegt werden, auf denen diese Dynamik des Elektrons beruht.
Zu diesen Grundhypothesen gehören die in § 4 entwickelten
allgemeinen Feldgleichungen der Elektronentheorie. (I bis IV)
sowie der Lorentzsche Ansatz (V) für die elektromagnetische
Kraft. Zu ihnen tritt die für die atomistische Theorie der Elek
trizität fundamentale Vorstellung, daß die Gesamtladung —e, die
wir als elektrisches Elementarquantum bezeichnet haben (§ 1),
über einen gewissen Bereich verteilt ist. Diesen Bereich nebst
seiner Ladung nennen wir das „Elektron“. Er kann als Gan
zes im Raume bewegt, aber nicht geteilt werden. An der Elek
trizität, die mit der Dichte p über das Volumen des Elektrons ver
teilt ist, greift nun die durch die Grundgleichung (V) definierte
elektromagnetische Kraft an. Dieselbe setzt sich aus zwei Tei
len zusammen, erstens der elektromagnetischen Kraft des frem
den Feldes, die wir $ a schreiben, und zweitens der vom Elek
tron auf sich selbst ausgeübten „inneren“ elektromagnetischen
Kraft. Es ist für das Folgende bequem, diese letztere einfach
^ zu schreiben. Daß man die „innere“ und die „äußere“ Kraft
1) W. Kaufmann, Gött. Nachr. 1901, S. 143. 1902, S. 291. 1903, S. 90.
2) M. Abraham, Gött. Nachr. 1902, S. 20, Ann. der Phys. 10. S. 105
(1903).