202 Feld und Bewegung einzelner Elektronen § 24
wird also bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit zu
einem Werte der Geschwindigkeit kommen, bei welchem die
Reaktionskraft der Strahlung nicht mehr gegen die Träg
heitskraft des mitgeführten Feldes verschwindet, und für den
es auch nicht mehr gestattet ist, die Reaktionskraft so zu be
rechnen, als ob das Elektron punktförmig wäre.
Jene beiden Kräfte sind im Grunde nichts anderes als die
beiden ersten Terme einer Reihenentwickelung
t = ¿r + t" + Ä'" H ,
die nach aufsteigenden Potenzen des Radius a des Elektrons
fortschreitet. Der erste Term, die elektromagnetische Trägheits
kraft, enthält a im Nenner; der zweite enthält a überhaupt
nicht, wie er ja von den speziellen, über Form und Ladungs
verteilung gemachten Annahmen unabhängig ist. Der dritte
Term wird wieder von der Form und der LadungsVerteilung ab-
hängen und für ein kugelförmiges Elektron a im Zähler ent
halten. Da die innere Kraft $ durch die Geschwindigkeit und
durch die Beschleunigung bestimmt ist, welche in einem end
lichen, dem betreffenden Zeitpunkte vorangegangenen Intervalle
geherrscht haben (vgl. §17), so ist eine solche Reihenentwicke
lung immer dann möglich, wenn die Bewegung stetig und ihre
Geschwindigkeit kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist. Je
weiter man die Reihenentwickelung führt, desto höhere Diffe
rentialquotienten von b und desto höhere Potenzen dieser Diffe
rentialquotienten werden zu berücksichtigen sein. Die Reihe
wird um so schlechter konvergieren, je mehr sich die Bewegung
einer unstetigen und die Geschwindigkeit der Lichtgeschwindig
keit nähert. Im Falle des oben durchgerechneten Beispieles
konvergiert die Reihe noch außerordentlich gut. Für unstetige
Bewegungen und für Bewegungen mit Lichtgeschwindigkeit oder
gar Überlichtgeschwindigkeit versagt sie völlig. Hier müssen
andere Methoden verwandt werden, wie sie von A. Sommerfeld 1 )
und P. Hertz 2 ) entwickelt worden sind.
1) A. Sommerfeld. Gott. Nachr. 1904. S. 99, 363. 1905. S. 201.
2) P. Hertz. Physik. Zeitsckr. 4. S. 848 (1903), 5. S. 109 (1904). Math.
Ann. 65. S. 1 (1907).