Full text: Elektromagnetische Theorie der Strahlung (2. Band)

2 Die physikal. und mathemat. Grundlagen der Elektronentheorie 
wendig, sobald man Atome als Bausteine der Materie ansieht. 
Wenn sieb nun aueb die Atomlebre in der Physik der Materie 
als wertvolle Arbeitsbypotbese bewährt batte, so konnte sie doch 
noch am Ende des vorigen Jahrhunderts nicht als so sicher be 
gründet gelten, daß die Existenz elektrischer Elementarladungen 
als erwiesen anerkannt worden wäre. Dementsprechend ging die 
Maxwellsche Theorie auf die Frage nach der Struktur der Elek 
trizität überhaupt nicht ein. 
Nun hat aber die atomistische Hypothese auf dem Gebiete 
der Elektrizitätslehre durch die Forschungen über die Elektri 
zitätsleitung der Gase neue und sichere Stützen erhalten. 
Während die Gase, im Gegensatz zu den Metallen und den Elek 
trolyten, in ihrem gewöhnlichen Zustande Nichtleiter oder wenig 
stens sehr schlechte Leiter sind, kann ihnen durch äußere Ein 
wirkungen — z.B. durch Kathodenstrahlen, durch Röntgenstrahlen 
oder durch die Strahlung der radioaktiven Körper — eine außer 
gewöhnlich große Leitfähigkeit gegeben werden. Diese Leit 
fähigkeit führt man darauf zurück, daß durch Einwirkung jener 
Strahlungen im Gase elektrisch geladene Teilchen entstehen, 
welche nun im elektrischen Felde wandern. Die positiven und 
negativen Elektrizitätsträger bezeichnet man, unter Beibehaltung 
des in der Elektrolyse gebräuchlichen Wortes, als Ionen. In 
dessen handelt es sich bei diesen Gasionen nicht, wie etwa bei 
einwertigen elektrolytischen Ionen, um Verbindungen der elek 
trischen Elementarladung mit einzelnen Atomen*, es scheinen 
sich vielmehr in einem Gase dem elektrischen Kerne neutrale 
Moleküle in wechselnder, von Temperatur und Druck des Gases 
abhängiger Anzahl anzulagern. Auf den Mechanismus dieser An- 
lagerung wollen wir nicht* genauer eingehen. 
Die Anwesenheit elektrischer Teilchen in einem Gase, wel 
ches der Durchstrahlung mit Röntgenstrahlen, mit Kathoden 
strahlen oder Radiumstrahlen ausgesetzt war, wird nun durch 
eine bemerkenswerte Eigenschaft eines solchen Gases bewiesen: 
Wird es mit Wasserdampf gemischt und der letztere, etwa durch 
plötzliche Ausdehnung, in den Zustand der Übersättigung ge 
bracht, so findet eine Kondensation des Wasserdampfes statt, es
	        
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