Full text: Die Goldene Pforte der Domkirche zu Freiberg (1. Abtheilung, 2. Heft)

5 
Pforten, deren Anschlagsinauern zwar mit Statuen besetzt sind, ohne in den Friesen der Bo-en Bilder 
zu tiagen, oder au solche, die auf andere einfachere Art mit Sculpturcn versehen sind ; so reich aber 
mit aller Pracht der Kunst ausgestattet, wurden allein die Hauptpforten solcher Kirchen, die man durch 
vorzügliche Auszeichnung heben wollte, wie uns hier die goldene Pforte entgegen kommt. 
Solchen Sculptnren aus der heiligen Schrift entlehnt, mischen sich zuweilen andere ein, deren 
man auch als Zierden sich bediente. Ihre Aufstellung erscheint um desto auffallender, da sie mit jenen 
sehr contrastiren, und dem was zur Andacht, zu Gott geweihten Betrachtungen führen soll, gerad ent 
gegen stehen, und als abziehend von ihnen erkannt werden könnten. Dass sie nicht willkürlich, ohne 
Sinn angebracht wurdeu, lässt sich nicht denken. Künstler von Einsicht, das Schickliche nicht über 
schreitend dem Heiligen das Abenteuerliche beizumischen, bedienten sich ihrer, und es musste eine 
besondere Ursache ihrer Aufstellung stattfinden. Löwen, Sphinxe, Chimären, Greife, Drachen kommen 
vor das Auge, ja erdichtete Ungeheuer, monströse widerliche Figuren. YVenn vielleicht einige von ihnen 
dem Guten als Symbole dienten, der Löwe zuweilen als das Bild göttlicher Kraft, der Sphinx als 
Verwahrer heiliger Geheimnisse, so bleiben doch immer die andern übrig, die fern von Allem sind, 
was auf gute oder fromme Eigenschaften zu deuten wäre. 
Einige schreiben den Kreuzzügen die Einführung solcher Zierden in das Abendland zu, aus 
Ägypten entlehnt, wo Löwen und Sphinxe vor den Tempeln prangen. Allein schon vor den Kreuzzügen 
waren im Abendlande solche Zierden nicht unbekannt, und den Byzantinern, bei denen sie beliebt waren, 
standen näher als die Aegypter die Griechen, die mit mancherlei Löwen, Sphinxen, Greifen ihre Bauwerke 
ausschmükten. Herr von Hammer zieht solche Figuren in seine Baphomets — Träume, als symbolische 
Vorstellungen einer gnostischen, der reinen christlichen Lehre entgegen stehende Geheimlehre; Irrthiimer, 
wo ihm kein Unbefangener beipflichten wird, und denen schon der allgemeine Gebrauch widerspricht, der 
nicht zugelassen haben würde, sie an den Kirchen anzubringen, wo sie zu Missverstand führen konnten. 
Was uns übrig bleibt, wofür sie zu erkennen, ist, in ihnen Geister zu sehn, die einander ent- 
gegenstelm. Böse, welche dem Göttlichen Verderben zu bereiten sich bestreben, und Schutzgeister, welche 
diesen entgegen wirken, ihnen den Eintritt in das Heiligthum zu wehren, sie selbst durch Kampf zurück 
zuhalten, damit durch keine Macht des Bösen, das unsichtbar umher schleicht, dem Guten, Gottgeweih 
ten Eintrag geschehe. Je schreckhafter die Bilder solcher bösen Geister sind, deren Macht und Streben, 
das Gute zu hindern, durch solche Vorstellungen noch verstärkt wird, je deutlicher glaubte man den 
Sinn der Bewahrung für jedes zu befürchtende Uehel und Ungemach auszudrücken. 
Auf solche Weise erhalten diese Bilder einen bedeutenden Sinn, der nicht auf das Spezielle gerichtet 
ist, nicht auf die Gnostiker gedeutet werden kann, der vielmehr in das Allgemeine eingriff, Allen verständlich 
und zugänglich. Ohne einen solchen Sinn würden sie nur abenteuerlich und geschmacklos sich zeigen, ja frevel 
haft und gottlos. Aber auf jene Weise vertheidigt sich die Phantasie der Künstler, welche diese Bil 
der sinnvoll schufen. Als schützend und Schutzbilder sind sie um so mehr zu betrachten, da sie ge 
wöhnlich an den äussern Theilen der Kirchen angebracht sind, vornehmlich an den Pforten. Und so 
wird gleich durch Bilder angedeutet, wie durch göttliche Vorsorge alles Übel zurückgewiesen wird, 
was dem Guten Nachtheil bringen könnte. 
Auch die goldene Pforte ist nicht ganz frei von solchen Bildern. Aber hier erscheinen sie sehr 
untergeordnet, vielleicht nur als blosse Verzierung den Theilen gegeben, ohne irgend eine Erklärung zu 
2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.