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Pforten, deren Anschlagsinauern zwar mit Statuen besetzt sind, ohne in den Friesen der Bo-en Bilder
zu tiagen, oder au solche, die auf andere einfachere Art mit Sculpturcn versehen sind ; so reich aber
mit aller Pracht der Kunst ausgestattet, wurden allein die Hauptpforten solcher Kirchen, die man durch
vorzügliche Auszeichnung heben wollte, wie uns hier die goldene Pforte entgegen kommt.
Solchen Sculptnren aus der heiligen Schrift entlehnt, mischen sich zuweilen andere ein, deren
man auch als Zierden sich bediente. Ihre Aufstellung erscheint um desto auffallender, da sie mit jenen
sehr contrastiren, und dem was zur Andacht, zu Gott geweihten Betrachtungen führen soll, gerad ent
gegen stehen, und als abziehend von ihnen erkannt werden könnten. Dass sie nicht willkürlich, ohne
Sinn angebracht wurdeu, lässt sich nicht denken. Künstler von Einsicht, das Schickliche nicht über
schreitend dem Heiligen das Abenteuerliche beizumischen, bedienten sich ihrer, und es musste eine
besondere Ursache ihrer Aufstellung stattfinden. Löwen, Sphinxe, Chimären, Greife, Drachen kommen
vor das Auge, ja erdichtete Ungeheuer, monströse widerliche Figuren. YVenn vielleicht einige von ihnen
dem Guten als Symbole dienten, der Löwe zuweilen als das Bild göttlicher Kraft, der Sphinx als
Verwahrer heiliger Geheimnisse, so bleiben doch immer die andern übrig, die fern von Allem sind,
was auf gute oder fromme Eigenschaften zu deuten wäre.
Einige schreiben den Kreuzzügen die Einführung solcher Zierden in das Abendland zu, aus
Ägypten entlehnt, wo Löwen und Sphinxe vor den Tempeln prangen. Allein schon vor den Kreuzzügen
waren im Abendlande solche Zierden nicht unbekannt, und den Byzantinern, bei denen sie beliebt waren,
standen näher als die Aegypter die Griechen, die mit mancherlei Löwen, Sphinxen, Greifen ihre Bauwerke
ausschmükten. Herr von Hammer zieht solche Figuren in seine Baphomets — Träume, als symbolische
Vorstellungen einer gnostischen, der reinen christlichen Lehre entgegen stehende Geheimlehre; Irrthiimer,
wo ihm kein Unbefangener beipflichten wird, und denen schon der allgemeine Gebrauch widerspricht, der
nicht zugelassen haben würde, sie an den Kirchen anzubringen, wo sie zu Missverstand führen konnten.
Was uns übrig bleibt, wofür sie zu erkennen, ist, in ihnen Geister zu sehn, die einander ent-
gegenstelm. Böse, welche dem Göttlichen Verderben zu bereiten sich bestreben, und Schutzgeister, welche
diesen entgegen wirken, ihnen den Eintritt in das Heiligthum zu wehren, sie selbst durch Kampf zurück
zuhalten, damit durch keine Macht des Bösen, das unsichtbar umher schleicht, dem Guten, Gottgeweih
ten Eintrag geschehe. Je schreckhafter die Bilder solcher bösen Geister sind, deren Macht und Streben,
das Gute zu hindern, durch solche Vorstellungen noch verstärkt wird, je deutlicher glaubte man den
Sinn der Bewahrung für jedes zu befürchtende Uehel und Ungemach auszudrücken.
Auf solche Weise erhalten diese Bilder einen bedeutenden Sinn, der nicht auf das Spezielle gerichtet
ist, nicht auf die Gnostiker gedeutet werden kann, der vielmehr in das Allgemeine eingriff, Allen verständlich
und zugänglich. Ohne einen solchen Sinn würden sie nur abenteuerlich und geschmacklos sich zeigen, ja frevel
haft und gottlos. Aber auf jene Weise vertheidigt sich die Phantasie der Künstler, welche diese Bil
der sinnvoll schufen. Als schützend und Schutzbilder sind sie um so mehr zu betrachten, da sie ge
wöhnlich an den äussern Theilen der Kirchen angebracht sind, vornehmlich an den Pforten. Und so
wird gleich durch Bilder angedeutet, wie durch göttliche Vorsorge alles Übel zurückgewiesen wird,
was dem Guten Nachtheil bringen könnte.
Auch die goldene Pforte ist nicht ganz frei von solchen Bildern. Aber hier erscheinen sie sehr
untergeordnet, vielleicht nur als blosse Verzierung den Theilen gegeben, ohne irgend eine Erklärung zu
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