118
Erste Abtheilung. Siebentes Capitel.
laufen hat, bei s' wieder in die Luft tretend, in zwei divergi-
rende Bündel paralleler Strahlen s'S x und s'/S 2 > die beide auf
der Kante Je senkrecht stehen. Zwischen der Helligkeit bei
der Bündel vermag das Auge keinen Unterschied festzustellen.
Mittelst eines Kalkspathes untersucht, erweisen sich beide Bün
del geradlinig polarisirt, und zwar steht die Oscillationsrichtung
des Bündels s' S 2 , welches am Wenigsten von der ursprünglichen
Richtung der Strahlen abgelenkt ist, auf der brechenden Kante
Je, also auch auf der Hauptaxe des Krystalles senkrecht, während
die Schwingungen des am stärksten abgelenkten Strahles s'S x mit
dieser Richtung parallel sind. Polarisiren wir das auffallende
Licht durch einen Kalkspath, so erscheint nur das Bündel S lf
oder nur das Bündel S 2 , jenachdem die Polarisations - Ebene des
einfallenden Lichtes auf Je senkrecht steht, oder damit parallel ist.
Bei jeder anderen Lage dieser Ebene erscheinen beide Bündel; ihre
Helligkeit ist gleich, wenn jene Ebene unter 45° gegen die Axe des
Krystalls geneigt ist. Wächst der Neigungswinkel, so wird aS x heller,
*S 2 dunkler; nimmt' er ab, so wird umgekehrt S 2 heller, S x dunkler.
Der Brechungsquotient der Strahlen /S x und S 2 bleibt unver
ändert, welches auch der brechende Winkel des Prisma’s sein,
und wie auch die auf der Axe senkrechte Richtung ss' übrigens
im Krystalle liegen mag. Dabei folgen auch noch beide Strah
len, als Fortsetzung des einfallenden gedacht, den Brechungs
gesetzen, wie sie sich bei isotropen Mitteln offenbaren. Malus,
ein französischer Physiker, der Entdecker der Polarisation, be
stimmte die Brechungsquotienten beider Strahlen für Licht von mitt
lerer Brechbarkeit; er fand für den Strahl /S x die Zahl s = 1,55817
und für den Strahl S 2 co — 1,54843. Für Licht von einer ande
ren Brechbarkeit ändern sich die Werthe von co und s; beide
werden grösser für violettes, kleiner für rothes Licht.
Aus allem Diesem ziehen wir den Schluss, dass sich in einem
Bergkrystalle senkrecht zu seiner krystallographischen Hauptaxe
nur geradlinig polarisirte Strahlen fortpflanzen. Die Polarisa
tions-Ebene der einen von diesen ist mit der Axe parallel, und
ihre Geschwindigkeit im Krystalle ist wenn v die Geschwin
digkeit des Lichtes in der Luft bedeutet; diese Strahlen bilden
das Bündel S 2 . Die Polarisations-Ebene der anderen Strahlen