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Erste Abth. Viertes Cap. Beschaffenheit der Lichtoscillationen.
Nachweis ist wirklich möglich, freilich aber nur mit mehr Appa
rat, als uns hier noch zu Gebote steht; deshalb begnügen wir
uns hier mit der angedeuteten Möglichkeit, das erwähnte Bedenken
zu heben, und vereinigen in dem Folgenden die erlangten Resul
tate der Theorie mit den ergänzenden Ergebnissen des Versuches.
4. Die Beschaffenheit der Lichtoscillationen in einem
isotropen Mittel.
Welches ist die Beschaffenheit der Oscillationen im Licht
äther? Diese Frage soll uns jetzt beschäftigen, nachdem wir
die Fortpflanzung der Schwingungen, ohne das Geringste über
ihre Natur vorauszusetzen, betrachtet haben. Bei einer jeden Vi
bration hat man zunächst auf die folgenden Attribute seine Auf
merksamkeit zu lenken: 1) Die Gestalt der Bahn, welche die
oscillirende Masse beschreibt; 2) die Dimensionen dieser Bahn;
3) die Zeit, während welcher sie beschrieben wird, oder die
Oscillations - Dauer. Was nun zuvörderst die Gestalt der Bahn
betrifft, so wollen wir suchen, in den einfachsten Phänomenen der
Doppelbrechung einen Anhaltspunkt für ihre Erforschung zu
gewinnen. Jene werden uns nicht allein über den allgemeinen
Charakter der Lichtschwingungen Aufschluss geben, sondern auch
einen Schluss auf die Gestalt der Bahn bei einer bestimmten
Lichtart gestatten, von welcher dann der Uebergang zu den übri
gen Lichtarten, wie sie sich durch die Verschiedenheit ihrer Bah
nen absondern, natürlich gegeben ist.
Der kohlen saure Kalk wird uns von der Natur unter
Anderm als isländischer Doppelspath in der Gestalt von
höchst durchsichtigen, parallelepipedischen Krystallen, Fig. 26
(s. f. S.), geliefert. Die Seitenflächen dieser Krystalle sind Pa
rallelogramme mit Winkeln von 101° 55' und 78°5 / und treten
als Ebenen der vollkommensten Spaltbarkeit auf, d. h. parallel
mit jenen Flächen kann der Doppelspath leicht und so gespalten
werden, dass die durch Spaltung erhaltene Fläche vollkommen
eben und glatt erscheint. Durch Benutzung dieser Eigenschaft