Von den Blasinstrumenten. 111
erste Mal nie in aller Scharfe die bezweckte Tonhöhe haben. Man
muß sie also durch Correctionen auf dieselbe zu bringen wissen. Ich
werde die Verfahrungsarten erörtern, welche zu diesem Zweck in
Gebrauch sind, und sich auf die Modificationen gründen, die der
Ton bei Abänderung der Länge oder Gestalt der Pfeifen erfährt.
Man hat deren verschiedne je nach der Gattung der Pfeifen und
dem Stoff, woraus sie bestehen. Gesetzt zuvörderst, die Pfeife
bestehe aus Holz, aus Pappe oder aus irgend einem andern Stoff,
der der Ausdehnung widersteht. Soll nun der Boden verschlossen
seyn, wie in den gedeckten Pfeifen, Taf. VI. Fi»-. 42, so setzt man
einen cylindrischen, genau passenden, mit Fell, von dem das Rauche
nach Außen gekehrt ist, bekleideten, hölzernen Stöpsel ein, und
drückt ihn allmälig herab oder zieht ihn zurück, bis die Pfeife sich
auf der verlangten Tonhöhe befindet. Hat man es mit einer offe
nen Pfeife zu thun, Taf. VI. Fig-, 43, so setzt man ein dünnes
Blatt von Blei in einer gegen ihre Axe geneigten Richtung an die
Oeffnung an, und verändert seine Neigung so lange, bis die Pfeife
einstimmt. Dieses Blatt modificirt die Tonhöhe, indem es die
Pfeife zum Theil verschließt; denn wenn es ganz herabgelassen wäre,
so daß es die ganze Oeffnung bedeckte, so würde es die Pfeife offen
bar zu einer gedeckten machen, und den Ton derselben um eine ganze
Octave erniedrigen.
Anlangend nun die Pfeifen von Blei oder Zinn, so werden
sie, wofern sie offen find, mittelst des, in Fig-, 44 vorgestellten,
Instruments gestimmt, welches den Namen Stimm Horn führt.
Es besteht aus einem festen Stiel, der an einem Ende einen massi
ven Kegel C, am andern einen hohlen Trichter E tragt. Tönt die
Pfeife zu tief, so steckt man die Spitze des Kegels in ihr offenes
Ende hinein, und treibt durch Hin- und Herdrehen den Rand daselbst
aus einander, so daß die Oeffnung weiter wird; tönt sie zu hoch, so
treibt man die Ränder der Oeffnung mit dem Trichter E zusam
men , und verengert sie dadurch. Wie leicht einzusehen nämlich,
wird durch Verengerung der Oeffnung die Pfeife einer gedeckten
mehr ähnlich, dagegen bei Erweiterung derselben unähnlicher. Auf
die gedeckten Pfeifen selbst läßt sich dies Verfahren nicht anwenden;
eben so wenig kann man ihrem Deckel eine andre Lage geben, weil
er an das Ende ihres Corpus angelöthet ist. Man hilft sich des
halb durch ein andres Mittel, das um so mehr unsre Aufmerksam
keit verdient, da die Erfahrung allein auf dasselbe führen konnte.
An die äußere Oberfläche der Pfeife, zur Seite des Labium, an
welches der Wind antrifft, bringt man zwei bleierne Blätter EL,
Fig-, 45, Taf. VI. an, die sich nach außen öffnen, und gleichsam
ein paar Ohren (oreilles) darstellen, daher sie auch im Französischen
diesen Namen führen. (Im Deutschen heißen sie Bärte). Sind
sie ganz nach Außen geöffnet, so daß sie sich an die Oberfläche der
Pfeife anlegen, so giebt diese den natürlichen Ton, der ihr ver-