Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Zweiter Band)

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und Fortpfianzung des Schalles. 
Jetzt müssen wir naher erörtern, wie die, durch die Schwin 
gungen eines schallenden Körpers in den umgebenden Lufttheilchen 
hervorgebrachten, Erschütterungen von ihm aus progressiv sich bis 
zum Gehörorgan fortpflanzen können; und weil die Fortdauer der 
Schwingungen keine andre Wirkung hat, als diese Fortpflanzung 
stetig und dauerhaft zu machen, so erhellt, daß, um die Erscheinung 
in ihrer größten Einfachheit zu betrachten, man zuvörderst untersu 
chen müsse, auf welche Art die Fortpflanzung einer augenblicklichen 
Erschütterung, wie sie z. B. durch einen Kanonen- oder Pistolen 
schuß hervorgebracht wird, geschehen müsse. Um von einer bestimm 
ten Vorstellung auszugehen, nehme man an, die Explosion des Ge 
wehrs geschehe in einer kugelförmigen Luftmaffe. Im Augenblick, 
wo sie Statt hat, werden die Theilchen der Luftschichten, aus wel 
chen diese Kugel besteht, gegen die Theilchen der benachbarten Schich 
ten getrieben, werden aber durch den Widerstand, den ihnen diese 
entgegensetzen, eine Verdichtung erfahren müssen. Die benachbarten 
Schichten aber erfahren, indem sie den Stoß von den ersten mit 
getheilt bekommen, nun auch für ihr Theil eine Verdichtung durch 
den Widerstand der nächsten, gegen die sie gestoßen werden, obwohl 
in mindern: Grade als die erstern bis endlich Verdichtung und 
* Diese Verminderung und Beendigung der Verdichtung wird sich aus fol- 
gender Betrachtung als nothwendig ergeben. Wenn die Kräfte gar keine Zeit zu 
ihrer Mittheilung bedürften , so mußte sich die, in einem Puncte einer sehr großen 
Lnftmassc, z. B. der Atmosphäre, erregte Erschütterung augenblicklich der ganzen 
Luftmasse mittheilen; allein da dieselbe bewegende Kraft nach Verhältniß der 
Materie, der sic mitgetheilt wird, in ihrer Wirkung auf jedes einzelne Theilchen 
geschwächt wird, so würde hiedurch die ganze Wirkung so gut wie null werden, 
wenn nicht die erschütternde Kraft außerordentlich groß war. Nun aber bedarf 
jede endliche Kraft eine gewisse Zeit zu ihrer Mittheilung, und wir können cs so 
ansehen, als ob im ersten Momente bloß die allernächsten Schichten eine Bewe 
gung mitgetheilt bekämen, und da durch diese Verthcilung zwischen einer größer« 
Masse die ursprüngliche bewegende Kraft um etwas geschwächt worden ist, so 
werden im zweiten Momente, wo die Mittheilung nun an die nächstfolgenden 
Schichten geschieht, diese bloß eine geringere Mittheilung erfahren können, als die 
erster», an welche die Mittheilung von der noch ganz ungeschwächtcn Kraft ge 
schah. Die nun nachfolgcndcn Schichten werden eine noch schwächere Mittheilung 
erhalten, weil sich die Kraft nun schon zwischen noch mehr Materie vertheilt 
hatte, und werden mithin auch eine noch schwächere Zusammendrückung oder 
Verdichtung erfahren, als die beiden ersten Schichten, insofern die Zusammen 
drückung den die Theilchen gegen einander treibenden Kräften proportional ist. Auf 
solche Weise wird sich die Zusammendrückung der Luftschichten in immer abneh 
mendem Maße so weit fortpflanze», bis die durch die Verdichtung erhöhte Erpanstv- 
kraft der Luft mit der durch die Verbreitung sich immer mehr schwächenden zu 
sammendrückenden Krgft der Explosion ins Gleichgewicht kommt und sie aufhebt; 
und da von jetzt an diese Kraft sich nicht wieder neu erzeugt, die Expausivkraft 
der verdichteten Theile aber fortbesteht, so wird diese von diesem Zeitpunct an 
allein i» Wirksamkeit bleibe», und die verdichteten Theile wieder ausdehnen, welche 
nun, wie oben erörtert, bei ihrer Ausdehnung jetzt auch auf die Schichten, bis 
zu welchen sich der erpaitstve Stoß in der ersten Epoche nicht fortgepflanzt hatte, 
stoßend wirken.
	        
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