219
der elektrisieren Körper.
elektrisirten Siegellacks immer naher gebracht wird. Allein weit ent
fernt, daß diese Erscheinung unserer Theorie widerspräche, ist sie viel
mehr eine Folgerung daraus. In dem Maße als die Stange bei
ihrer Annäherung an die Kugel die, dieser ursprünglich ertheilte,
negative El. zurückstößt, zersetzt sie eine beträchtlichere Menge von
den verbundenen El. derselben, stößt den negativen Theil derselben
zurück, der sich mit der schon vorher darin vorhandenen negativen
El. verbindet und zieht den positiven Theil an, der sich nach ihr zu
degiebt. Wären diese beiden zersetzten El. allein auf der Kugel vor
handen, so würde dieselbe fraglos gegen die Stange angezogen wer
den, und zwar um so stärker, je näher ihr diese käme, und je stär
ker sie elektrisirt wäre, ohne daß sich Gränzen für diese Anziehung
denken ließen. Dem ist aber nicht so in Betreff der Abstoßung,
welche von der, der Kugel ursprünglich ertheilten, bestimmten Menge
negativer El. herrührt. Diese Abstoßung kann nur durch Vermin
derung des Abstandes zunehmen. Wird diese bei einem gewissen
Abstand ihrer Stärke geringer, als die der Anziehung, welche der
progressiven Entwicklung der natürlichen Elektricitäten ihren Ursprung
verdankt, so erhält letztere Kraft das Uebergewicht und die Kugel
nähert sich der Stange. Man begreift hienach, daß die Möglichkeit
der Erscheinung von den Verhältnissen abhängt, welche zwischen den
ursprünglich auf der Kugel und der Stange vorhandenen Quanti-
täten El. Statt finden; und wenn man auch diese Verhältnisse nicht
näher anzugeben weiß, so sieht man doch, daß die Umkehrung der
Wirkungen um so leichter, bei einem um so größer» Abstand erfol
gen muß, je mehr die Stange und je weniger die Kugel elektrisirt
ist, so daß, wenn der Abstand für unveränderlich angenommen wird,
die Abstoßung oder Anziehung blos von dem zwischen den Elektri-
citätsmengen Statt findenden Verhältniß abhängt.
Dieser Erfolg läßt sich durch einen Versuch nachweisen, welchen
Taf. Vil. Fig-. 19 erläutert. Ein isolirter Metallcylinder wird in
Verbindung mit dem ersten Leiter der Elektrisirinaschine gesetzt, und
zur Seite dieses Cylinders an einem Seide.ffaden eine kleine Hollun
dermarkkugel aufgehangen, die durch einen andern, am Cylinder
selbst befestigten, Seidenfaden gehindert ist, sich von ihm über eine
gewisse Weite hinaus zu entfernen. Man elektrisirt erst den Cylinder
schwach. Die Kugel wird angezogen, berührt ihn, und wird wieder
abgestoßen. Man fährt fort, den Cylinder zu elektrisiren, die Kugel
wird wieder angezogen, u. s. f. angezogen und abgestoßen, unserer
Theorie gemäß.
Um diese Betrachtungen durch ein andres Beispiel zu erläutern,
wollen wir ihre Anwendung auf die Bewegungen des Goldpapiers
scheibchens zeigen, das sich am Ende der Nadel des Elektroskops oder
der el. W?ge befindet. Denken wir uns dies Scheibchen erst mit
El. von einer gewissen Beschaffenheit geladen. Es werde ihm dann
in einiger Entfernung und fast parallel mir seiner Oberfläche ein