Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Zweiter Band)

Herleitung der Accorde, Tonleitern und Tonarten. 47 
andern betrifft, die, wie die Violine und btc menschliche Stimme, 
eine unendliche Menge derselben hervorbringen können, so vermögen 
sie immer jeden angegebenen Ton mit völliger Genauigkeit und ganz 
unverändert wiederzugeben; daher eine Temperatur derselben unnbthig 
ist, wenn sie allein oder in Begleitung von Instrumenten derselben 
Beschaffenheit gespielt werden. Ein andres ist es, wenn man sie zur 
Begleitung von Instrumenten mit fest bestimmten Tönen braucht; 
in diesem Falle müssen sie, um nicht durch ihre Richtigkeit eine unan 
genehme Dissonanz hervorzubringen, sich nach jenen fügen. 
Fünftes Schaltcapitel. 
Ueber die Herleitung der Akkorde, Tonleitern und 
Tonarten 
Die Erfahrung lehrt, daß ein Tonverhältniß oder Intervall das 
Gehör um so mehr befriedigt und beruhigt, in einem je einfachern 
Verhältnisse * ** die Schwingungszahlen der Töne, welche das Inter 
vall bilden, zu einander stehen. Die Tonverhältnisse nun, innerhalb 
deren das Ohr noch eine solche Befriedigung unmittelbar in merklichem 
Grade findet, sind in den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder deren Ver 
doppelungen unmittelbar enthalten und werden consonirend ge 
nannt, daher z. B. die kleine und große Terz oder î und | so wie die 
kleine Sexte, eine Verdoppelung von -§-, noch zu den consonirenden 
Intervallen gehören; diejenigen dagegen, wo eine solche Befriedigung 
nicht mehr Statt findet, wie die durch höhere Zahlen auszudrückenden, 
Intervalle, nennt man dissoni rende, wohin mithin unter den 
in der diatonischen Tonleiter gebräuchlichen die Septimen und-Se 
cunden gehören. 
Intervalle, welche durch ein Verhältniß der Zahl 7 mit gerin 
gern Zahlen ausgedrückt werden, machen gewissermaßen den lleber- 
gang von den Consonanzen zu den Dissonanzen und sind 
in der Ausübung der Musik nicht gebräuchlich. 
Da die Erfahrung lehrt, daß zwei Töne, deren Schwingungs 
zahlen sich wie 1 : 2 verhalten, oder die im Verhältniß des Grund 
ton's zur Oktave stehen, einander in ihrer Wirkung auf die Em- 
pfindung ganz ähnlich sind, so nimmt man deßhalb diejenigen Inter 
valle für äquivalent an, in deren einem der eine oder der andre 
Ton um eine oder mehrere Oktaven höher oder tiefer ist als in dem 
* Mit Benußung von Cbladni's Akustik. 
** Lin Verhältniß ist um so einfacher, durch sc kleinere Zahlen cs ausge 
drückt wird, das einfachste also 1 : 1 (Einklang), demnächst 1 : 2 (Oktave); dann 
2 : 3 (Quinte) ii. s. f.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.