273
Ladrmgöphänomene.
Bei dieser Art von Versuchen zeigt sich nun aufs Deutlichste
der Umstand, daß die Leiter um so geeigneter zur Annahme der
Ladung sind, je naher sie dem negativen Ende der galv. Spannungs
reihe stehen; denn Psaff fand, daß sie hinsichtlich der Stärke der
Ladung, die sie unter gleichen Umständen annehmen, folgende Ord
nung beobachteten: Graubraunfteinerz, Graphit, wohl
ausgebrannte Kohle, Platin, Gold, Silber, Kupfer,
Messing, Eisen, Zinn, Blei, Zink. Dieselbe Ordnung
beobachteten sie auch in Rücksicht der Zeitdauer, während welcher
sie die erlangte Ladung beibehielten, so daß also z. B. Zink diese
Eigenschaft, die dasselbe an sich schon sehr schwach zeigte, fast augen
blicklich wieder verlor, während Graphit und besonders Kohle,
wenn sie nicht zu oft wieder geschlossen wurden, dieselbe viele
Stunden beibehielten.
Zn Bezug auf die oben angegebene Frage wäre nun sehr wich
tig gewesen, zu untersuchen, ob in allen diesen Fällen der positive
Polardraht eine gleich starke negative Ladung angenommen hätte als
der negative Draht eine positive, eine Prüfung, die sich anstellen
läßt, indem man jeden Draht besonders gegen einen gleichartigen
aber frischen prüft. Leider ist diese Prüfung nicht vorgenommen
worden. Ich selbst habe mich allerdings durch specielle Versuche
einmal mit Platin - ein andermal mit Silberdrähten überzeugt, daß
nicht allein der positive Polardraht negativer sondern auch der nega
tive Polardraht positiver geworden war als ein gleichartiger frischer,
und zwar, wie cs mir bei Anstellung dieser Versuche schien, in un
gefähr gleichem Grade allein da mir damals noch kein sicheres
Maß der Wirkungen zu Gebote stand, so gebe ich diese Gleichheit
nicht für gewiß aus.
Was die Erklärung der Ladungsphänomene betrifft, so ist man
bis jetzt durchaus noch nicht darüber im Klaren. Dem ersten An
blick nach scheint folgende Ansicht das Meiste für sich zu haben.
Wir werden später, wenn ausführlicher die Rede von den che
mischen Wirkungen der Kette seyn wird, durch unzweideutige Er
fahrungen nachgewiesen sehen, daß die positiven Glieder der Kette
Neigung erhalten, sich mit den negativen, die negativen Glieder
der Kette Neigung, sich mit den positiven Bestandtheilen der
Flüssigkeit, mit denen sie in Berührung sind, zu verbinden, ja,
daß sie unter dem Einfluß der Kette eine größere Quantität die
ser Bestandtheile aufzunehmen, und festzuhalten vermögen, als ohne
dem, so daß man selbst manche Verbindungen der Metalle mit
Wasserstoff und Sauerstoff nur auf diesem Wege hat darzustellen
gewußt. Nun können diese überschüssigen Bestandtheile, namentlich
der Wasserstoff, sehr wohl in den Metallen vorhanden seyn, ohne
* Ein Versuch von de ta Rive scheint eben die» anzudeuten.
Bivt's Experimental-Physik. III. 18