Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

Elektrochemische Theorie. 321 
Aus den angegebenen Formeln kann man die meisten Umstände, 
welche hinsichtlich der Kraft des Erglühens der Körper durch die 
Kette in Betracht kommen, herleiten. Hinsichtlich des Speciellen 
dieser Herleitung verweise ich auf Qhm's Abhandlung. 
Siebenundzwanzigstes Capitel. 
Elektrochemische Theorie*. 
Man hatte früher höchstens unbestimmt vermuthet, daß bei den 
chemischen Erscheinungen, welche die Natur oder Kunst hervorbringt, 
wohl das Spiel elektrischer Kräfte thätig seyn möchte **. Erst 
aber, als die Erscheinung der Wasserzersetzung durch den Dolta'schen 
Apparat bekannt wurde, gieng man naher auf die Vorstellungen 
hierüber ein, und namentlich waren es Berzelius und Davy, 
welche dieselbe ausbildeten und eine Theorie schufen, nach der die 
chemischen Erscheinungen überhaupt blos von elektrischen Kräften ab 
hängen. In der That dringt sich eine solche Abhängigkeit, wenn 
man die Gesammtheit der Erfahrungsbeziehungen, welche zwischen 
den chemischen und elektrischen Erscheinungen Statt findet, combi- 
nirt, von selbst auf; anstatt jedoch diese Beziehungen hier zusam 
menzustellen, werden wir vielmehr die Grundvorstellungen, auf die 
sie hinführen, zuerst angeben, und es dem Leser überlassen, ihre Zu 
lässigkeit oder Unzulässigkeit bei der Anwendung auf die einzelnen 
Erscheinungen selbst zu prüfen. Wir bemerken selbst, daß wir diesen 
Grundvorstellungen, da sie in ein Gebiet fallen, welches keine un 
mittelbaren Bewährungen durch Thatsachen zulaßt, keinen andern 
Werth beilegen, als in sofern sie zu einer, mit der Erfahrung über 
einstimmenden, Verknüpfung der Thatsachen dienen können, und keine 
andere Gültigkeit, als die relative, die ihre Uebereinstimmung mit 
dem jetzigen Standpunct der Wissenschaft mit sich bringt; denn es 
ist sehr möglich, daß man, anstatt die Kräfte der Chemie auf die 
* Da ich sehr wohl weiß, daß jeder, der sich schon gewisse Grundansichtcn 
über die hier vorkominendcn Gegenstände zn eigen gemacht hat, diese schwer mit 
irgend einer andern Ansicht vertauschen möchte, und meine geringe Autorität anr 
wenigsten jemand hiezu veranlassen dürfte, so werde ich die Thatsachen der 
folgenden Capitel so unabhängig als möglich von den hier vorkoinmcndcn Erörte 
rungen darzustellen suchen, so daß sie jeder auch mit seinen eignen Ansichten leicht 
wird in Beziehung setzen können. Jeder, der mit dem Schwankenden der Physik 
in diesem Bezirke vertraut ist, wird mir gern zugeben, daß es, welche Grundan 
sicht man auch wählen mag, nicht möglich seyn wird, alle Physiker hiebei zufric- 
dcn zu stellen; indeß mußte eine solche Ansicht vorausgeschickt werden, wenn über 
haupt eine Verknüpfung der chemischen mit den elektrischen Erscheinungen versucht 
werden sollte. 
** Vcrgl. über das Geschichtliche der Elektrochemie Schweigger in s. I. 
UI. 34. 
Biot's Experimental-Physik. III. 
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