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Physiologischer Galvanismus.
nommen; bei der Trennung ist ebenfalls wieder ein verstärkter Effect
zu bemerken, der jedoch im Allgemeinen geringer als bei der Schlie
ßung ist, daher bei schwächeren Ketten ebenfalls nicht auffallend be
merkt wird.
Nach Ritter sollen die Erscheinungen, welche im Augenblicke
der Schließung und wahrend des Geschloffenseyns der Kette Statt
finden, stets entweder hinsichtlich der Starke oder hinsichtlich der Art
in einem gewissen Gegensatz zu denen stehen, welche im Augenblicke
der Trennung und kurz nachher wahrgenommen werden, so daß die
Trennung der Kette eine Umkehrung der vorher Statt gehabten
Wirkungen hervorriefe; ja, wenn die Wirksamkeit der Kette einen
sehr überwiegenden Grad in Verhältniß zur Reizbarkeit des dem Ver
such unterworfenen Organs hat, soll diese Umkehrung schon während
des Geschloffenseyns der Kette eintreten können, bei höchst empfindli
chen Organen (z. B. bei sehr reizbaren Froschschenkeln) sogar so schnell,
daß die primäre Wirkung gar nicht beobachtet werde, vielmehr bei
Schließung der Kette sogleich die umgekehrte, die eigentlich erst mit
und nach der Schließung Statt haben soll, sich zeige.
Alle diese Umstände sind von der Art, daß sie sich mit den
allgemeinen Gesetzen der thierischen Reizbarkeit sehr wohl vereinigen
lassen. Dessenungeachtet muß man gestehen, daß es bis jetzt blos
Ritter, der oft zuviel sah, ist, der jene Umkehrungen auf so ent
schiedene Weise wahrgenommen hat. Seine später anzuführenden
Angaben in diesem Bezug mögen daher mit Vorsicht angenommen
werden. Dasselbe gilt von den Gegensätzen, die Ritter in der
Wirkung an beiden Polen des galvanischen Apparats auf die Empsin-
dungsorgane gefunden haben will, wiewohl mehrere dieser Gegen
sätze auch von andern bestätigt worden sind *♦
Die Empfindlichkeit für den Reiz des Galvanismus ist keines
wegs bei allen Individuen gleich. Nicht nur finden sehr nahmhafte
Unterschiede in diesem Bezug zwischen den einzelnen Klassen leben
der Wesen Sratt, sondern auch zwischen den einzelnen Individuen
einer und derselben Art. Kinder und schwache Personen, nainent-
lich die eine schwache Brust haben, sollen besonders empfindlich gegen
den Galvanismus seyn. Alte Leute find weniger empfindlich dage
gen, und wenn sie noch überdies mit Schnupfen, Gicht oder Rheu
* Ich habe geglaubt, Ritters Erfahrungen nicht übergehen zu dürfen,
denn daß manche nicht dieselbe» Empfindungen als er wahrnahmen, ist bei diesen
halb subsectiven Erscheinungen kein Beweis, daß nicht andere sie wahrnehmen
könnten. Keiner hat so viele und abgeänderte Versuche über die Empfindungen,
welche die galvanische El. hervorzurufen vermag, angestellt, als Ritter; und
wenn von seiner Phantasie hiebei mancher Fehlgriff zu erwarten ist, so muß doch
andererseits auch zugegeben werden, daß zur discrctcn Beobachtung von Empfin
dungen wie diese, eine Art der Aufmerksamkeit erfodcrt wird, die nicht ohne
alle Uebung und öftere Beschäftigung mit diesen Versuchen zu erlangen seyn
möchte.