Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

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Physiologischer Galvanismus. 
Feuchtigkeit ungefärbt herab, und ließ sich, auf dem Nucken ein 
getrocknet, leicht ohne Hinterlassung einer Spur abwaschen. Hum 
boldt ließ nun die auf der rechten Seite befindliche Wunde mit 
ei'ner Silberplatte bedecken. Kaum war an diese mit der Hand ein 
Leiter von Zink applicirt, und so die Kette geschlossen worden, so 
floß, unter schmerzhaftem Brennen, neue Feuchtigkeit hervor. Diese 
Feuchtigkeit erschien aber nicht weiß und gutartig, sie war vielmehr 
in wenigen Secunden roth gefärbt und entzündete, wo sie 
herablief, den Rücken mit blaurothen Streifen. Kein bösartiges 
Geschwür, sagt Humboldt, kann einen so scharfen und schnell 
wirkenden Saft hervorbringen. Der Versuch, mit der andern Wunde 
angestellt, gab gleiche Erfolge. 
Es ist interessant, die nähere Beschreibung der Empfindung zu 
lesen, die Humboldt bei diesem und einem andern, den vorigen 
wiederholenden. Versuche an sich beobachtete. „Diese Empfindung, 
sagt er, hat für mich auch nicht die entfernteste Aehnlichkeit 
mit der des elektrischen Ausströmens. Es ist ein Schmerz 8,» generis, 
der nicht das knipsend-stechende, abgesetzte, durchdringende hat, was 
das el. Fluidum erweckt. Ich unterscheide darin heftiges Pochen, 
einen ordentlichen Druck mit heftigem Brennen verbunden. Dies 
Brennen ist ungleich empfindlicher, wenn die Wunde mit einer Sil 
berplatte armirt und von einer Zinkstange in wenigen Berührungs 
puncten gereizt wird, als wenn eine Zinkplatte auf der Wunde liegt, 
und man die silberne Pincette zur Verbindung braucht. Der Druck 
ist oft so heftig, daß ich mit der geballten Faust auf die Schulter 
geschlagen zu werden glaubte, wenn alle Umstehenden versicherten, 
daß man mich kaum mit den äußersten Rändern der Metalle leise 
berühre. So wie matte Froschschenkel oft beim Anfange des Gal- 
vanisirens gar nicht, und nach drei- oder viermaligem Contact der 
Excitatoren lebhaft zucken, so habe ich ebenfalls deutlich an mir selbst 
bemerkt, daß die ersten Schläge nur dunkel empfunden werden, die 
folgenden vier bis sechs aber lebhaft afficiren. 
„Bis zur Abstumpfung meiner gereizten Nerven, durch fort 
gesetzte Stimulation, habe ich es nie bringen können. Wenn das 
Galvanisircn auch 4 Stunden lang fortgesetzt wurde, so blieb der 
S ch in erz doch immer im Zunehmen. Noch am dritten Tage 
war die Wunde entzündet und ich spürte deutlich den Unterschied 
zwischen der mehr gereizten linken Schulter und der rechten. Wah 
rend des Contacts der Metalle waren alle Hals- und Schulter- 
Muskeln in sichtbaren wellenförmigen Bewegungen. Der Cucullaris 
schwoll mächtig auf, so daß sich seine Contractionen aufwärts bis 
ans Hinterhauptsbein und die Stachelfortsatze des Rückenwirbelbeins 
fortpflanzten. Ja das Haar selbst sträubte sich am Nacken. 
„Wenn das eine Metall die Cantharidenwunde, das andere 
die unverletzte Oberhaut traf, so wurde —• da die trockene Oberhaut 
der Thiere nicht leitet — weder Muskelbewcgung noch schmerzhaftes
	        
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