198 Elektromagnetismus.
Taf. XII. Fig. 22, ein Theilchen von Magnetismus, südlichem oder
nördlichem, welches frei und in einem Abstand FM von einem un-
begränzten Verbindungsdraht F liegt, der senkrecht auf der Ebene der
Figur steht, so wird, wie wir wissen, im Augenblick, wo dieser
Draht vom Volta'schen Strom durchlaufen wird, das Theilchen M
sich dadurch senkrecht auf den Radius FM, nach MD oder MD' sol-
licitirt finden, je nachdem die Verbindungen des einen und andern
Endes des Drahts mit dem Zink- oder Kupferpol Statt haben.
Man denke sich, daß das Theilchen, welchem eine freie Beweglich
keit gestattet ist, wirklich diesem Impuls gehorche und nach D oder
D' um eine unendlich kleine Größe Md oder Md' fortschreite. So
wie es in diese Bewegung gerath, wird auch die Kraft, welche es
sollicttirt, sich mit ihm drehen, und fortfahren, es auf die nämliche
Weise, senkrecht auf die neue Richtung seines Abstandes vom Draht,
und mit einer, diesem neuen Abstande umgekehrt proportionalen.
Stärke zu sollicitiren. Das Theilchen wird solchergestalt genöthigt
seyn, ein neues Kreiselement von einem Halbmesser Fd zu beschrei
ben, unmittelbar darauf ein drittes, u. s. f. ins Unbestimmte, d. h.
es wird um den Draht eine anhaltende Winkelbcwegung annehmen
müssen; welche es unaufhörlich davon entfernt, so daß sein Radius
vector Flächenräume beschreibt, welche dem Quadrat der verflossenen
Zeiten umgekehrt proportional find, wenigstens unter der Annahme,
daß das Theilchen vollkommen frei ist, und keinen Widerstand in
dem Raume erfährt, worin es sich bewegt. Und wenn das Theil
chen in einem beständigen Abstand vom Draht zurückgehalten wird,
so wird es sich solchergestalt um ihn herumbewegen, indem es die
ganze Fläche des Kreises durchläuft, den es zu beschreiben vermag.
Nachdem wir hierüber im Klaren sind, wollen wir uns denken, daß,
anstatt das magnetische Theilchen für beweglich und den Draht für
unbeweglich anzunehmen, man hingegen letztem beweglich einrichte
und das Theilchen befestige; dann wird, vermöge des allgemeinen
Gesetzes der Gleichheit, welches in allen Naturerscheinungen zwischen
der Wirkung und der Gegenwirkung beobachtet wird, das Theilchen
gerade so auf den Draht wirken, wie der Draht auf das Theilchen
-wirkt, so daß man auf den Draht alle Bewegungen, die das Theil
chen machte, nach entgegengesetzter Richtung überzutragen haben wird.
Dann also wird es der Draht seyn, welcher strebt, eine Winkel
bewegung um das Theilchen anzunehmen, unter steter Beibehaltung
des Parallelismus mit sich selbst.
Diese Folgerungen find theils an sich klar, theils ergeben sie
sich mit Nothwendigkeit durch mathematische Herleitung. Ihrer Nach
weisung in der Wirklichkeit tritt jedoch eine Schwierigkeit entgegen,
welche darin liegt, daß man durch kein, bisher bekanntes, Verfahren
ein Theilchen oder ein System magnetischer Theilchen M von blos
Einer Beschaffenheit, entweder der südlichen oder nördlichen, geson
dert zu erhalten weiß, indem man mcht vermag, die magnetischen