Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

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Von den sphärischen linsen. 
einfachen Linse sehr weit zu treiben. Wie man sieht, würde die 
Brennweite (für dieselbe Vergrößerung) auch kleiner werden müs 
sen, wenn die Sehweite nicht bis 96 Linien reichte ; und deshalb 
vergrößert im Allgemeinen die nämliche Linse minder stark für Kurz 
sichtige als für Weitsichtige. 
Hiemit ist so ziemlich Alles gesagt, was sich durch ein einfaches 
Vergrößerungsglas erhalten laßt. Durch Zusammenstellung solcher 
Glaser aber mit andern minder gekrümmten lassen sich weit beträcht 
lichere Wirkungen erhalten. Auch vermag man durch ähnliche Ver 
bindungen großer Glaser oder Spiegel und Lupen Systeme zu bil 
den, welche die Bilder entfernter Gegenstände naher rücken und ver 
größern. Auf diese Weise erhalt man die dioptrischen und kat- 
opt rischen Fern röhre. Wir werden die hauptsächlichsten dieser 
Instrumente kennen lehren, wenn wir erst von Beseitigung der Far 
ben gesprochen haben, welche die einfachen Linsen durch Zersetzung 
des Lichts hervorbringen, indem diese Farben, wenn man keine 2lb- 
hülfe gegen dieselben träfe, ihren Gebrauch auf eine unerträgliche 
Weise beschränken würden. 
Auf eine ganz einfache Weise kann man sich ein ziemlich starkes 
Mikroskop dadurch verschaffen, daß man mit einer Stecknadel eine 
kleine runde Oeffnung in eine dünne Metallplatte bohrt, und einen 
Wassertropfen hineinbringt. Indem dieser Tropfen sich in der Oeff 
nung wie in einem ganz engen und ganz kurzen haarförmigcn Cy 
linder befindet, so bildet er zu beiden Seiten der Oberfläche der 
Platte zwei fast genau kugelförmige Wölbungen von gleichem Durch 
messer mit der Oeffnung. Die Stralen nun, welche durch dies 
Wasserkügelchen hindurchgehen, werden darin, wie in einem Collec- 
tivglase von sehr kurzer Brennweite gebrochen. Auch findet man, 
wenn man das Auge ganz nahe an die Oeffnung hält, und kleine, 
zur andern Seite der Platte in sehr geringer Entfernung davon ge 
legene, Gegenstände durch dieselbe betrachtet, einen Punct, wo man 
sie sehr deutlich und stark vergrößert erblickt. 
Die Linsen, welche man durch dies Verfahren erhält, haben 
den Nachtheil, unaufhörlich ihre Krümmung zu ändern, und in kur 
zer Zeit durch Verdunstung zu verschwinden, welches ihren Gebrauch 
für fortgesetzte Beobachtungen unzulässig macht. Doctor Brewfter 
hat ein Mittel zur Abhülfe in diesem Bezug vorgeschlagen. Man 
soll nämlich auf eine Glasplatte Tropfen eines durchsichtigen Firnisses 
bringen, die vermöge der gegenseitigen Anziehung ihrer Theile von 
selbst die Kugelgestalt annehmen. In der That erhält man auf solche 
Weise sehr scharfe Linsen, nur hält es schwer, sie in einer metall- 
nen Fassung zu befestigen, und noch schwerer, sie in gutem Zustande 
zu erhalten. Durch eine geringe Abänderung dieses Vorschlags ist 
Sivright in Edinburg auf ein Verfahren gekommen, welches kei 
nen der angegebenen Nachtheile zeigt. Es besteht darin, kleine Glas- 
stücke über Löcher zu legen, welche in ein dünnes Platinblatt ge- 
Bivt'S Experimental-Physik. IV. £9
	        
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