290 Von den sphärischen Ansen.
bohrt sind, und sie dann durch einen, mittelst des Löthrohrs darauf
geblasenen, Feuerstral zu schmelzen« Das so geschmolzene Glas
nimmt die Gestalt einer Kugel an, gleich dem Wasser- oder Firniß-
tropfen, behält aber, wenn es einmal erkaltet ist, seine Form, und
stellt so eine Linse gleich mit der Fassung dar. Man kann auch
anstatt eines Platinblatts einen Platindraht als Träger anwenden,
den man um Glasstücke rollt, so daß sie wie in einem Ringe darin
zurückgehalten werden. Das Platin ist jedem andern Metall zu die
sem Behuf vorzuziehen, denn da es sich unter der Flamme des Loth-
rohrs nicht oxydirt, so haftet es stärker am Umkreis der kleinen
Linse; auch ist sein Schmelzgrad weit höher, als der des Glases,
und man kann sich daher sehr dünner Blätter davon bedienen, so
daß seine Berührung der Schmelzung des Glaskügelchens minder
hinderlich ist.
Bei diesen verschiedenen Anwendungen der Theorie liegt die
Voraussetzung zum Grunde, daß die Linsen, deren man sich bedient,
die auf ihre Oberfläche fallenden Parallelstralen in einen einzigen
Brennpunct vereinigen. Diese Bedingung kann jedoch nur in so fern
erfüllt werden, als die Dicke der Linse und ihre Oeffnung klein in
Verhältniß zur Größe der Halbmesser ihrer Oberflächen sind; auch
gelten, wie wir oben gezeigt, unsre theoretischen Annäherungen nur
für diesen Fall. Begreiflich muß man sich in der Ausübung, um
deutliche Bilder zu erhalten, diesen Bedingungen fügen; und die
Erfahrung lehrt sehr bald die Gränzen kennen, innerhalb deren man
sich zu halten hat. Bei einer glücklichen Wahl der Krümmungen,
welche zur Verminderung der Abirrungen vom Brennpunct wirkt,
laßt sich jedoch auch den Gläsern eine größere Oeffnung geben. Man
kann selbst diese Abirrungen fast ganz heben, indem man zusammen
gesetzte Linsen aus mehrern Gläsern bildet; die Einrichtungen aber,
welche diesen Vortheil gewähren, lassen ohne Hülfe der Rechnung
keine Einsicht zu Hier begnügen wir uns zu sagen, daß ihr Zweck
® Im Gesichtsorgan der Thiere sind Theile vorhanden, die, den von uns
verfertigten künstlichen Linsen ähnlich, doch in sofern vollkominncr sind, als die
Abweichung wegen der Kugelgestalt darin ausgeglichen erscheint. Dies brachte
Bremster auf den Gedanken, die Krystalllinse kleiner Thiere zu einfachen Mi-
kroskopcn anzuwenden. Die Linsen der Fische schienen ihm am passendsten, da
ihre Form der sphärischen am nächsten steht und sic, vermöge ihrer größer» Härte,
Verletzungen weniger ausgesetzt scheinen, als die der vicrfüßige» Thiere und Vögel.
Jedoch ist bei ihrer sphäroidalcu Form nothwendig, daß die optische Are der Linse
genau mit der des beobachtenden Auges in paralleler Richtung zum Gebrauche
aufgestellt werde. Denn nur in dieser Richtung ist das Albuinen symmetrisch um
eine gegebene Linie angeordnet, und in keiner andern ist der verschiedene Grad der
Dichtigkeit welche das Ausgleichungsmittcl der sphärischen Aberration ist — in
einem symmetrischen Verhältnisse zur Gcsichtsare.
Man öffnet zu diesem Zweck die Sklerotika eines frisch gefangenen Fisches mit
einer scharfen Schccre, nimmt die Linse sammt der Glasfeuchtigkeit heraus und
legt sie auf feines Fließpapier, welches vorher sorgfältig von allen Fäserchen ge
säubert worden ist. Die absorbirende Eigenschaft des Papiers wird die vorsichtige