Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

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Vom Achromatismus. 
sie sich im Auge kreuzen, null sind, so fallen die Einfallspuncte II 
O', R' zusammen, und der ins Auge tretende Lichtpinsel ist mithin 
farblos. 
Es erhellt aus diesen Auseinandersetzungen, daß jeder Stràl seine 
besondre Bedingung mit sich bringt, der das System der Prismen 
genügen muß, wenn vollkommener Achromatismus Statt haben soll; 
und weil es nun eine unendliche Menge ungleich brechbarer Stralen 
giebt, so werden streng genommen auch eine unendliche Menge Be 
dingungen zu erfüllen seyn. Dies macht eine allgemeine Lösung der 
Aufgabe unmöglich, da man immer nur eine beschränkte Anzahl 
Prismen anwenden kann; wohl aber wird sie möglich, wenn man, 
anstatt den Parallelismus aller Stralen zuwege bringen zu wollen, 
ihn blos für zwei, drei oder mehrere bezweckt, wo sich dann durch 
eine gehörige Verbindung eben so vieler Prismen die Absicht errei 
chen läßt. Und bringen wir so zwei der äußersten Stralen des 
Spectrums, z. B. den violetten und rothen, zum Parallelismus 
oder zwei äußerste und einen mittlern, wie den rothen, den violetten 
und den grünen, so wird begreiflich in den dazwischenliegenden die 
Färbung noch bis zu einem hinlänglichen Grade aufgehoben seyn 
können, um vom Auge nicht mehr merklich empfunden zu werden, 
so daß sich also der Achromatismus physisch ins Werk setzen läßt, 
obwohl es unmöglich ist, ihn in vollkommener Schärfe zu erhalten. 
Wirklich geht man auch auf diese Art zu Werke und die Berech 
nung zeigt, daß sich durch Anwendung zweier Prismen auf diese Art 
zwei Stralen in parallele Richtung bringen lassen, und im Allge 
meinen eben so viele Stralen, als man Prismen anwendet. Zieht 
man blos zwei Prismen in Gebrauch, so müssen sie mit ihren Grund 
flächen so entgegengesetzt seyn, wie Tas. XV. F%. 119 darstellt, 
damit ihre Brechungen einander entgegengesetzt werden. Wirklich 
fanden wir auch, daß zwei Prismen aus derselben Substanz nebst 
Gleichheit der Winkel diese Lage haben müßten, um sich wechselseitig 
zu achromatisiren. 
Wie aber lassen sich die Verhältnisse der brechenden Winkel 
bestimmen, unter welchen Compensation Statt haben kann, wenn 
der Stoff, aus dem die Prismen bestehen, nicht der nämliche ist? 
Wie leicht zu erachten, wird man zuvörderst annäherungsweise dazu 
durch vergleichende Betrachtung der Größe des Spectrums gelangen 
können, welches Prismen, die man aus gleichen Substanzen mit 
gleichen Winkeln geschnitten hat, geben. Eine noch größere Annä 
herung läßt sich dann dadurch erhalten, daß man dasjenige beider 
Prismen, welches die stärkere Zerstreuung ausübt, und hiedurch in 
der Verbindung eine Färbung der Bilder nach der Richtung, nach 
welcher seine Zerstreuung geht, hervorbringt, allmälig schwächt. Wenn 
man so zu einem Anfange von Compensation gelangt ist, so läßt sie 
sich auf die möglichst vollendete Weise noch durch folgenden Apparat 
zu Stünde bringen, den wir, Cauchoix und ich, mit dem gelun-
	        
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