Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

434 Vom zusammengesetzten Mikroskop. 
Abstand befindet, welcher für das deutliche Sehen erfoderlich ist. 
Man konnte für jede dieser neuen Lagen die Bestimmungen der 
Vergrößerung, welche das Objectivglas hervorbringt, wiederholen; 
doch hat inan dies nicht nöthig, indem die Berechnung zeigt, daß 
für eine und die nämliche Gesichtsweite die Werthe der Totalver 
größerung dem Abstand, der sich zwischen dem Objectivglase und 
Ocularglase befindet, weniger der Brennweite des letztern, für pro 
portional gesetzt werden können. Man wird also nur diese Weiten 
bei dem ersten Versuche, nachdem man das Mittelstück FC bis 
dahin eingeschoben hat, wo man es ruhig laßt, zu messen, und 
dann auf dem Rohr eine gleich abgetheilte Eintheilung, welche den 
Grad seiner Verlängerung für alle andern Falle anzugeben dient, 
zu verzeichnen haben, um nach dem angegebenen Verhältniß die 
Vergrößerung, welche das Mikroskop zuwege bringt, herleiten zu 
können. Oder man kann auch, wenn man will, die Vergrößerungs 
zahlen gleich auf dem Rohr selbst neben eine gewisse Anzahl Ein- 
theilungsgrade stechen lassen, die einander so nahe liegen, daß die 
dazwischen fallenden Vergrößerungen sich als bloße Mittelzahlen be 
rechnen lassen. Da aber diese Werthe von der gemeinschaftlichen 
Wirkung des Objectivglases und Ocularglases abhängen, so werden 
sie nach Verschiedenheit des Gesichts sich auch proportional den 
Weiten des deutlichen Sehens verändern, weil man, unr das In 
strument diesen verschiednen Sehweiten anzupassen, den Abstand 
des Ocularglases von der Blendung zu vergrößern oder zu verklei 
nern hat; so daß somit das nämliche Instrument für Weitsich 
tige immer eine stärkere Vergrößerung als für Kurzsichtige gewäh 
ren wird, wie auch bei den einfachen Vergrößerungsgläsern der 
Fall war. 
Ist das Mikroskop einmal auf die hier beschriebene Weise regu- 
lirt, so läßt es sich auch anwenden, die absoluten Dimensionen klei 
ner Gegenstände zu finden; und zwar giebt es seine Resultate hier 
nicht ohne Genauigkeit. Man könnte zuvörderst diese Gegenstände 
auf das Objectivmikrometer legen, und mit dem Mikroskop beobach 
ten, wieviel Abtheilungen es davon bedeckt. Allein die Dicke dieser 
Gegenstände, wie klein man sie auch annehmen mag, ist doch immer 
von außerordentlichem Einfluß auf den Ort ihres Bildes, wegen 
der Nähe, in der sie sich am Hauptbrennpunct der Objectivlinse 
finden; so daß man sie durch das Ocularglas fast nie zu gleicher 
Zeit deutlich mit den Abtheilungen des Mikrometers, auf welchem 
sie ruhen, zu erblicken vermag. Um diesen Uebelstand zu umgehen, 
bringt man ein andres Mikrometer im Innern des Mikroskops selbst, 
genau an der Stelle an, wo man das erste Bild erhält, d. h. auf 
der Blendung BD, welche dem Brennpunct des Ocularglases ent 
spricht. Dann läßt sich leicht beobachten, wieviel Abtheilungen das 
Bild des Gegenstandes auf diesem innern Mikrometer ein 
nimmt. Diese Zahl, dividlrt durch die Vergrößerung, welche das
	        
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