Von d. Wirk. d. Magnete ans alle Naturkörper. 83
dichtes Capitel.
Von der Wirkung der Magnete auf alle
Naturkörper.
Wir haben die Behauptung aufgestellt, daß das Ersen, der
Stahl, der Nickel und Kobalt die einzigen bis jetzt bekannten, des
Magnetismus fähigen, Metalle seyen. In der That sind sie es allein,
die einen kräftigen und dauerhaften magnetischen Zustand anzuneh
men vermögen. Jedoch mag man Substanzen nehmen, welche man
will, sobald man kleine Nadeln von sieben bis acht Millimeter Länge
auf ungefähr einen Millimeter Dicke aus ihnen formt, und sie an
einem Coconfaden zwischen den entgegengesetzten Polen zweier starken
Magnete aufhängt, wie Taf. IX. Fig-. 46. darstellt, so sieht man
stets, daß sie sich nach diesen Polen zukehren; und läßt man sie
um die Richtung ihres Gleichgewichts oöcilliren, so erfolgen ihre
Schwingungen in Gegenwart der Magnete rascher, als wenn sie
für sich im Raume aufgehangen wären. Diese kleinen Nadeln sind
also für die Einwirkung der Magnete empfänglich. Der Versuch
gelingt gleichermaßen mit Nadeln von Gold, Silber, Glas, Holz,
und beliebigen organischen oder unorganischen Substanzen. Diese
merkwürdigen Erscheinungen wurden von Coulomb entdeckt, und
dem Institute im May 1812 von ihm angezeigt. Ihre nähere Aus
einandersetzung mit Berechnung der Kräfte, welche sie voraussetzen,
habe ich in meinem großem Werke gegeben.
Für den ersten Anblick bieten sich blos zwei Wege zu einer Er
klärung derselben dar: entweder sind alle Stoffe in der Natur des
Magnetismus fähig, oder alle enthalten Theilchen von Eisen oder
von andern magnetischen Metallen, die ihnen diese Eigenschaft mit-
theilen. Jedoch ist die Nothwendigkeit, daß einer dieser beiden Fälle
Statt sinden muffe, nicht so unumgänglich, als es dem ersten An
blick nach scheint: denn sie enthält stillschweigend die Voraussetzung,
daß die Wirkung, welche die Nadeln erfahren, wirklich magnetisch
sey, wovon die vollkommene Gewißheit mangelt. Wenn wir fin
den , daß die bloße Berührung ungleichartiger Körper merkliche elek
trische Kräfte hervorruft, von deren Daseyn man lange Zeit hindurch
nicht einmal etwas geahnet hatte, müssen wir es dann nicht auch
für möglich halten, daß andere Umstände die Entwickelung gleicher
oder doch ähnlicher Kräfte bedingen können, deren ausnehmend schwa
che Wirkungen sich nur durch sehr subtile Apparate zur Wahrneh-
nlung bringen lassen; und sollte die Wirkung, welche die kleinen,
von Coulomb angewandten, Nadeln erfuhren, nicht von einer,
uns noch unbekannten, kleinen Kraft dieser Art herrühren? Die
Entscheidung dieser Frage fällt bei dem gegenwärtigen Stande der
Wissenschaft unmöglich.