Zerlegung d e s Lichts.
Sechstes Capitel.
Ueber die Zurückwerfungen, die Brechungen und die
Farben der dünnen durchsichtigen Körper
^5« allen bisher betrachteten Körpern konnte die Dicke der Körper,
welche die Brechung, Zerstreuung oder Zurückwerfung des Lichts be
wirkten, als unendlich in Verhältniß zu dem Abstande gelten, auf
welchen diese Wirkung sich in merklichem Grade erstreckt. So würde
die Brechung unter keinem beträchtlichern Winkel mehr Statt haben,
wenn man sich dickerer Prismen bediente; und die Zurückwerfung
von den Oberflächen der Metallspiegel oder Spiegelgläser würde
gleichfalls durch Vergrößerung von deren Dicke keine Veränderung
erfahren. Werden aber diese Körper in ausnehmend dünne Blätt
chen verwandelt, so ändern sich die Resultate; sie werfen weniger
Licht von ihrer ersten Oberfläche zurück, und auf der zweiten wer
fen sie vorzugsweise gewisse Farben zurück oder lassen sie durch, je
nach ihrer chemischen Beschaffenheit oder dem Grade der Dünnheit,
auf die sie herabgebracht sind. Diese, in ihren Folgerungen sehr
wichtige, Erscheinung ist von Newton durch die nachstehenden
Versuche in näheres Licht gesetzt worden.
Legt man zwei Prismen von polirtem Glase auf einander, ohne
sie zu drücken, so hat die kleine Luftschicht, welche immer zwischen
ihrer Oberfläche zurückbleibt, gewöhnlich schon ganz die, zu einer
vollständigen Wirkung auf das Licht hinreichende, Dicke; denn die
Erscheinungen der Zurückwerfung und Brechung durch zwei solche
Prismen und die dazwischen befindliche Luftschicht befolgen ganz die
in den vorigen Capiteln erörterten Gesetze; und wenn man die
nahen Oberflächen dann auch noch weiter von einander entfernte,
so würde die größere Dicke der Zwischenschicht von Luft keine wei-
* Ucbcr die Hcrlcitung der Farbenringe aus der Undulationsthcorie vergl.
Young in Gilb. Ann. XXXIX, 189. — Fraunhofer in Gilb. LXXIV.
367. -— Fresnel in Pogg. Ann. XII. 197; Aau. de Cli. et de Ph, XXIII.
129. — Poisson in Ann. de Ch. et de Th. XXII. 337.
Biot's Lrperimcntal-Physik. V. 1