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Von der beweglichen Polarisation.
Seite eine neue Polarisation erfahrt, deren Richtung wir zu bestim
men haben. Auf dieselbe Folgerung würde man auch geführt wer
den, wenn man, anstatt sich eines Spiegelglases zur Analysirung
des durchgegangenen Lichtes zu bedienen, ein achromatisirtes rhom
boidales Prisma dazu anwendete, dessen Hauptschnitt parallel mit
der ursprünglichen Polarisationsebene gerichtet wäre. Dann würde
die Zwischeneinbringung des Blattes iin Prisma ein farbiges unge
wöhnliches Bild zur Folge haben, ganz übereinstimmend mit dem,
welches das Glas zurückwirft, d. h. welches immer die nämliche
Farbe mit verschiedenen Intensitäten behielte, in welches! Azimut
man auch die Zwischenlinie bringen möchte. Man könnte auch zur
Analysirung eine farblose Turmalinplatte oder eine Säule von Spie
gelgläsern anwenden. Die hiedurch erhaltenen Anzeigen werden immer
mit denen übereinstimmen, welche sich uns mittelst der Zurückwer-
fung ergeben haben.
Um nun die Richtung der neuen Polarisation zu bestimmen,
wollen wir zuerst annehmen, es sey nur eine einzige, d. h. daß alle
Lichttheilchen, welche ihre ursprüngliche Polarisation verlieren, ihre
Axen in die Richtung einer und der nämlichen geraden Linie kehren,
welche, bei einer gegebenen Lage des Blattes, einen unbekannten
Winkel 2x mit der Ebene der ursprünglichen Polarisation bildet.
Diese Voraussetzung ist wenigstens die einfachste, die man versuchs
weise zu Grunde legen kann, und man wird sehen, daß sie allen
Erscheinungen vollkommen Genüge leistet. Um die Vorstellungen zu
schüren, wollen wir die Gesammtheit aller Tbeilchen, welche ihre
ursprüngliche Polarisation beibehalten, 6- nennen, und U die Ge
sammtheit derer, welche abgelenkt werden. Wir wissen, daß die
vollständige Mischung G + U dieser beiden Theile Weiß geben muß,
weil das durchgegangene Bündel keine Spur von Färbung zeigt,
wenn man es ganz im Auge oder auf einem weißen Papier auf
fängt, welches seine verschieden polarisirten Theile nicht trennt. Wenn
also die Richtungen der Axen der beiden Theile G, U unter einander
einen Winkel 2x bilden, so braucht man nur die Zurückwerfungs-
ebene des zweiten Spiegelglases in das Azimut x, das diesen Win
kel genau mitten durch theilt, zu drehen, und da alsdann die Zurück-
wersung in dem nämlichen Verhältniß an den beiden Theilen G, ü
vor sich geht, so wird das, vom Spiegelglase zurückgeworfene, Ge-
sammtbündel noch weiß bleiben müssen, wie es die Mischung Gch-G
aller durchgegangenen Theilchen ist. Hieran hat man also ein Merk-
mal, an welchem sich die Richtung x bei jeder gegebenen Lage deS
Blattes um den polarisirten Srral erkennen läßt. Wenn man sucht,
sie in der Erfahrung zu verwirklichen, findet man, daß diese Richtung
stets genau mit der Zwischenlinie der Axen zusammenfällt; d.h. daß,
wenn diese Linie einen Winkel i mit der Ebene der ursprünglichen
Polarisation bildet, das vom zweiten Spiegel zurückgeworfene Bild
weiß ist, wenn die Zurückwerfungsebene auf seiner Oberstäche in das