188 Veränderungen der polcrrisirenden Kräfte
blättchcn haben, weil ihre Farben mit denen der Ringe eine sehr
genaue Uebereinstimmung zeigen. Aber eben diese Uebereinstimmung
gestattet, die Neigung der Axen gegen die Normale durch einen noch
directern Versuch zu entdecken. Der allgemeine Ausdruck der Farbe
U zeigt nämlich, daß ihr Zahlwerth null wird, wenn einer der Win
kei U, IT null ist, d. h. wenn der gebrochene Stral die Richtung
einer von beiden Axen hat. Man braucht also nur der Reihe der
Farben in demjenigen beider Durchschnitte zu folgen, in welchem die
Neigung des einfallenden Strals ihr Aufsteigen in der Ordnung der
Ringe bewirkt. Wenn inan, nachdem successiv die Farben der ersten
Ordnung zum Vorschein gekommen sind, zum Schwarz gelangt ist,
welches die erste von allen ist, so wird man zu schließen haben,
daß dann der gebrochene Stral die Richtung einer der Axen des
Blattes verfolgt, wie Fig> 12 Taf. XVIII darstellt, wo SII' der
Gang des Strals ist, und I'A, I'B die beiden Axen. Man wild
also nur noch den Brechungswinkel II'N' oder 6' nach dem äußern
Einfallswinkel SIN und dem als bekannt angenommenen gewöhnli
chen Brechungsverhältniß zu berechnen haben. Dies wird zugleich
der Winkel seyn, den die Axen mit der Normale I'N' bilden, und
durch Verdoppelung desselben wird man die wechselseitige Neigung
AI'B dieser Axen unter einander erhalten.
Die Anwendung dieser Methode setzt voraus, daß man, durch
Neigung des Blattes gegen den gebrochenen Stral, ihn stets dazu
bestimmen kann, in der Richtung der Axe IX gebrochen zu werden,
wie groß auch die Neigung dieser Axe gegen die Normale IN seyn
mag. Zn der That ist dies immer möglich, zwar nicht durch Beob
achtung in der Luft, wo die Brechungswinkel II'N' immer sehr be
schränkt sind, aber dadurch, daß man die Blätter in ein ftüssiges
Mittel von fast eben so starkem Brechungsvermögen als das ihrige
einschließt, wie z. B. Terpentinöl, welches sich mittelst eines, in
1%. 13 dargestellten, und zu Ende dieses Capitels zu beschreibenden,
Apparates bewerkstelligen läßt.
In allen, bisher untersuchten, Arten von Glimmer, ist der
Winkel AI'N' der Axen mit der Normale hinlänglich klein, daß die
Brechung bei Beobachtung in der Luft den Stral in die Richtun
gen XI' 11/ dieser Axen zu bringen vermag. Bei Berechnung ihrer
gegenseitigen Neigung Al'B findet man dann, daß sie in allen Blät
tern eines und des nämlichen regelmäßigen Krystalls unwandelbar
die nämliche ist, wie es die Gleichheit der Zusammensetzung und des
Aggregatzustandes so mit sich bringt; aber in verschiedenen Krystal
len, welche bisher von den Mineralogen als bloße zufällige Varietä
ten angesehen worden sind, findet man sie von gar verschiedenen
Werthen, deren jeder jedoch allen Stücken, welche den nämlichen
Ursprung haben, unveränderlich angehört. Im Sibirischen Glimmer
z. B., der wegen der Größe und Elasticität seiner Blätter in Ruß
land zu Fensterscheiben benutzt wird, beträgt die Neigung der Axen