216 Wirkungen der unvollkommenen Krystallisation.
selben auf die unvollkommen krystallisirten Körper von großem Nutzen
seyn, um zu entdecken, von welchem Einfluß der Aggregatzustand
und die mehrere oder mindere Abhängigkeit der materiellen Theilchen
von einander auf die Beschaffenheit und Starke der Polarisation
seyn mag, welche den Lichtstralen durch ihre Gesammtmaffe einge
pflanzt wird.
Die ersten Untersuchungen über diesen Gegenstand wurden von
Malus über organische, thierische und vegetabilische, Substanzen
angestellt, und im Lullst!» clo 1a Social« philomatique zur offentlis
lichen Kenntniß gebracht. Als er unter verschiedenen Einfallswin
keln dünne Plättchen von solchen Substanzen einem polarisirten Stral
aussetzte, und das hindurchgegangene Licht mittelst eines rhomboidalen
Prisma's analysirte, fand er, daß sie sämmtlich Axen zu erkennen
gaben, welche der ursprünglichen Polarisation einen Theil des hin
durchgegangenen Strals entzogen. Zn der That kann man dies an
dünnen Blättern von Horn, von Elfenbein, an den durchscheinenden
Theilen der Federn, an den Haaren und überhaupt an Allem, was
durchsichtig und regelmäßig organisirt ist, bestätigt finden Aber,
sey es wegen der geringen Dichtigkeit dieser Substanzen, oder weil
die Art der Anlagerung, welche durch die Kräfte der Organisation
bedingt wird, minder beständig und regelmäßig als in den Minera
lien ist, fast niemals bemerkt man Anzeichen von Axen, ohne zu
gleich die, der beweglichen Polarisation eigenthümlichen, Farben
erscheinungen zu beobachten, welches in der That die progressive Art,
wie sie in allen Körpern zu Stande kommt, mit sich bringt. Man
muß also zur Vervollständigung der von Malus erhaltenen Resul
tate den besondern Umstand einer solchen Färbung hinzufügen, von
dem er nichts erwähnt, ungeachtet er ihn ohne Zweifel wahrgenom
men hat, um so mehr, da Arago ihm zu dieser Zeit seine Entdeckung
mitgetheilt hatte; und noch ist zu bemerken, daß das Daseyn der
Axen sich nicht immer unter senkrechtem Einfallen wahrnehmen läßt,
sondern oft nur bei Neigung der Platten gegen den polarisirten
Stral. Es scheint außerdem, daß in der Structur der organischen
* Vgl. hierüber Brewsier in Pinlos. tramact. 1815. 32; 1816. 311.—
Marx in Pogg. Ann. Vlli. 385. — 33rcrostet hat eine große Menge orga
nischer Substanzen in Bezug auf ihre depolarifirenden Eigenschaften geprüft. Meh
rere solcher Körper, als arabisches Gummi, Caoutchoue u. s. w. depolarisire» das
polarisirte Licht in jeder Lage. Dies scheint aus folgende Art erklärlich zu werden.
Wenn die erste Schicht arabisches Gummi oder Caoutchoue sich niederschlägt, so
besitzt sie wahrscheinlich ihre festen Aren wie ein regelmäßiger Krystall. Allein,
wenn die zweite Schicht sich niederschlägt, so fallen ihre Aren im Allgemeinen
nicht in dieselbe Richtung, als die der ersten u. s. f., so daß, wie auch der pola
risirte Stral durch ihr System hindurchgehen mag, er stets durch die Wirkung
mehrerer dieser Schichten wird depolqrisirt werden müssen. Diese Ansicht wird
noch dadurch bestätigt, daß nach Brewfter's Versuchen sehr dünne Platten arab.
Gummi oder Caoutchoue wirklich in gewissen Lagen keine depolarisirende» Wir-
»ngen zeige».