236 Anwendung der Interferenzen u. s. w.
dulationssysteme, wo die, durch eine und dieselbe Welle hervorge
brachten, Wirkungen dem Gesetze der mechanischen Stetigkeit unter
worfen seyn müssen. Ich will damit nicht behaupten, daß das erste
System eine größere Gewißheit in sich trage, da im Gegentheil der
Vortheil seiner Fügsamkeit nur auf seine Unbestimmtheit und mithin
seine Unsicherheit sich gründet. Blos darauf will ich aufmerksam
machen, daß das System der Undulationen, in der Art, wie es
von den gewandtesten Physikern bis jetzt dargestellt worden ist, nicht,
wie man glauben könnte, durch eine nothwendige und strenge Ent
wickelung der bloßen Gesetze der mechanischen Bewegung hervorgeht;
sondern daß es, bei der ausnehmenden Beschränktheit unserer Kennt
nisse über die Natur und selbst über die Eigenschaften des Lichts,
gleich dem andern Systeme, nur erst eine empirische Darstellungsart
gewahrt, die eben so gut nach den besondern Umstanden der Erschei
nungen modificirt werden, und durch Hinzufügung besonderer Bedin
gungen mit ihnen in Uebereinstimmung gebracht werden muß, um
ihnen zu genügen.
Man mußte nothwendig hiedurch veranlaßt werden, durch directe
Versuche auszumitteln, welchen Einfluß die Polarisation der Stralen
auf ihr Vermögen äußern möchte, Saume durch wechselseitige Inter
ferenz zu bilden. In der That haben Arago und Fresnel diese
Untersuchung zusammen angestellt. Zu diesem Zwecke concentrirten
sie einen Sonnenstral durch eine Lupe von kurzer Brennweite, so
daß der Brennpunkt fast zu einem mathematischen stralenden Puncte
ward, wie Fresnel vorher bei seinen Untersuchungen über die Beu
gung verfahren war; und nachdem sie diesen Stral mittelst Durch
lassens durch ein achromatisches Prisma von Isländischem Spath,
das ihn in zwei unterschiedene Kegel, mit auf einander rechtwinkli
gen Polarisationen schied, polarisirt hatten, brachten sie in jeden
dieser Kegel einen Metallcylinder von hinlänglicher Dünne, um sehr
merkliche Erscheinungen der Beugung im gewöhnlichen Lichte hervor
zurufen. Diese Erscheinungen zeigten sich auch jetzt noch und zwar
ganz auf dieselbe Weise mit jedem der beiden polarisirten Kegel.
Für einen und denselben Kegel fanden die Interferenzen Statt:
1) zwischen den Stralen, welche nahe an den entgegengesetzten Rän
dern des Cylinders vorbeigingen; 2) zwischen dein dlrecten Lichte und
den, nahe an jedem Rande hingehenden, Stralen. Die erste Art
brachte ein System innerer Säume hervor; die zweite zwei Sy
steme äußerer, unter einander gleicher und symmetrisch angeordneter,
Säume. In allen diesen Fällen hatten die interferirenden Stralen
parallele Polarisationen. Arago und Fresnel hoben diesen Paral
lelismus auf, und ertheilten dagegen den, bei jedem Rande des
Cylinders vorbeigehenden, Stralen auf einander rechtwinklige Pola
risationen, mittelst verschiedener Verfahrungsarten, als verschiedene
Brechungen im nämlichen Krystalle, oder schiefes Hindurchlassen
durch Säulen aus gleichen, rechtwinklig auf einander angeordneten