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Wärmecapacität.
in ein Gefäß ab, in welchem man es auffängt, um es genau zu
messen Dies vorausgesetzt, wollen wir nun für einen Augenblick
annehmen, die äußere Luft habe keinen Zutritt zum Innern des
Calorimeters. Dann wird nach einer mehr oder minder beträchtli
chen Zeit die Temperatur des innern Eises mit dem äußern Zwi
schenräume auf gleichen Stand, d. i. auf 0°, kommen, und sich un
veränderlich auf diesem Grade erhalten, so lange die äußere Eishülle
nicht gänzlich geschmolzen ist. Nun aber bringe man in das Gefäß
A"B"C"D" einen Körper, dessen Temperatur über Null erhoben
sey; derselbe wird allmälig erkalten, und beim Erkalten das umge
bende Eis schmelzen, wodurch eine gewisse Quantität Wassers her
vorgehen muß, die durch den untern Hahn R' abfließt. Dies Wasser,
aufgefangen und gewogen, wird offenbar zum Maß der Wärmcquan-
tirät dienen können, welche der Körper bei seinem Erkalten bis zu 0°
entbindet.
Zur gehörigen Anstellung des Versuchs sind einige Vorsichts
maßregeln erfoderlich. Zuvörderst muß man sich wohl hüten, Eis
anzuwenden, welches unter 0° erkaltet ist; denn in diesem Fall würde
alle, vom inwendigen Körper entbundene, Wärme dazu verwandt
werden, das Eis, bevor es schmölze, auf diese Temperatur zu brin
gen, und die Wirkung würde somit versteckt werden. Man sichert
sich hiegegen, indem man Eis anwendet, welches im Schmelzen be
griffen oder eben geschickt zu schmelzen ist, und indem man in einer
Atmosphäre operirt, die eher um ein bis zwei Grad über als unter 0°
steht. Denn dann kann man sicher seyn, daß die Temperatur des
zum Versuch angewandten Eises wirklich 0° ist, wie man verlangt,
weil es auf diesem Grade standhaft bleibt, so lange es nicht völlig
geschmolzen ist. Dies ist noch in einer andern Hinsicht von Vortheil.
Immer vermag man den Zutritt der äußern Luft in das Calorimeter
nicht völlig zu hindern; wäre sie nun viel wärmer, als das inwen
dige Eis, so würde sie eine Quantität desselben schmelzen, die in
Betracht kommen und die Reinheit der Resultate stören könnte; wäre
sie dagegen kälter als 0°, so würde sie die Temperatur des Eises
erniedrigen und seine Schmelzung verhindern. Wegen der geringen
Dichtigkeit der Luft sind zwei bis drei Grad darüber in dieser Hin
sicht von geringem Einfluß, wodurch man um so öfter Gelegenheit
erhält, den Versuch anzustellen. Seine Genauigkeit wird aber noch
gar sehr dadurch befördert, daß man, während man immer in Tem
peraturen operirt, die etwas höher als 0° sind, ein zweites Calori
meter zu Hülfe nimmt, welches dem ersten in allen Stücken ähnlich
und eben so gefüllt ist, nur mit dem Unterschiede, daß man keinen
* Im zweiten Gefäße ist unterhalb des dritten noch ein eisernes Gitter und
etwas tiefer ein Sieb angebracht, um die Eisstucke aufzufangen, die etwa durch
das Gitter hindurchgehen könnten. Im T h 6 n a r d'schen Lchrb. dcrChein. Taf. V.
slubct man diesen Apparat auch im Grundriß verzeichnet.
Bior's Eppcrimciital-Physik. V.