Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

Temperatur der Erde im Allgemeineu. 385 
hinsichtlich der Temperatur der Erde in Betracht kommenden Puncte 
vorhanden sind. 
Die Wärme des Erdkörpers kann aus drei Ursachen abgeleitet 
werden: 
1) Sie wird erwärmt durch die Sonnenstralen, deren ungleich 
förmige Einwirkung die Verschiedenheit der Klimate hervorbringt. 
2) Sie hat im Innern ihrer Masse einen Theil der uranfang 
lichen Warme zurückbehalten, die sie bei ihrer Bildung enthielt. 
3) Sie nimmt Antheil an der gemeinschaftlichen Temperatur 
des Planetenraums. 
Wir wollen diese Ursachen jetzt einzeln naher betrachten. 
Unser Sonnensystem befindet sich in einem Theil des Welt 
raums, der vermöge der Licht- und Warmestralen, welche die um 
gebenden Gestirne zusenden, eine gemeinschaftliche constante Tempe 
ratur erhalten muß, welche unstreitig nur sehr niedrig seyn kann. 
Fourier setzt sie wenig niedriger, als die Temperatur der Polar 
gegenden; wobei jedoch nicht genug berücksichtigt scheint, daß die 
Temperatur der Pole wegen Luft- und Wasserströmungen aus war- 
mern Gegenden unstreitig höher ist, als sie ohnedem seyn würde*. 
Die Erde würde blos diese gemeinschaftliche Temperatur des 
Planetenraums, die jedenfalls noch unter dem Gefrierpunct des Q-ueck- 
silbers liegt, haben, wenn nicht zwei Ursachen, eine innere und eine 
äußere, zu ihrer Erwärmung zusammenwirkten. Die eine liegt in 
der uranfangllchen Wärme, welche der Erdkörper bei seiner Bildung 
besaß, und von der sich bis jetzt blos ein Theil durch feine Ober 
fläche zerstreut hat, eine Q-uelle der Wärme, für die wir die Erfah- 
rungsbeweise im folgenden Capitel kennen lernen werden; die andere 
liegt in der continuirlichen Einwirkung der Sonnenstralen begründet, 
welche in die Erde eindringen und auf ihrer Oberfläche die Ver 
schiedenheit der Klimate unterhalten. 
* Das wirkliche Vorhandenseyn einer Warme des Planctenräiims schließt 
Fourier ans indirccte Weise folgendermaßen. Wenn der Raum, in dem sich 
unsere Erde befindet, absolut kalt wäre, so wurden alle Wa'rmecrschcinungen, die 
wir auf der Oberfläche derselben beobachten, blos von Gegenwart der Sonne her 
rühren. Die geringsten Veränderungen in dein Abstande dieses Gestirns von dcrErde 
würden demzufolge sehr beträchtliche Veränderungen in den Temperaturen hervorrufen, 
und der Wechsel der Tage und Nächte müßte plötzliche Tempcraturwechscl nach sich 
ziehen, indem die Oberfläche der Körper zu Anfange der Nacht plötzlich einer un 
endlich großen Kälte ausgesetzt werden würde, so daß lebende Geschöpfe ihr gar 
nicht zn widerstehen vermöchten. Mit Recht wirft jedoch Munckc gegen dieses, 
so schlechthin ausgesprochene, Raisonncmcnt ein, daß hiebei nicht berücksichtigt werde, 
daß die am Tage der Erde durch die Sonne mitgetheilte Wärme sich nicht plötz 
lich beim Einbruch der Nacht aus ihr verlieren könne, daher auch bei absoluter 
Kälte des Planetenraums doch kcincswegcs plötzlicher Tcmpcraturwcchfel durch den 
i Tagcswechscl zu erwarten stehe. Indeß wäre wohl möglich, daß die Tcinpc- 
!' raturwechscl ohne eine Wärme des Planctenrauins doch plötzlicher seyn würden, 
als sie sich wirklich zeigen; und Fourier scheint in der That dieses mathematisch 
gefolgert zu haben (vcrgl. Atm. de Ch. et de l’lt. XXV1L 149. 152). 
Bivt' s Experimental -Physik. V. 25
	        
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