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Temperatur der Erde im Allgemeinen.
Der Verlust der ursprünglichen Wärme der Erde ist weit grö
ßer auf ihrer Oberfläche als in ihrem Innern gewesen; und sie ist
gegenwärtig auf der Oberfläche so weit erkaltet, daß ihre Temperatur
hier wahrscheinlich nicht um 3V Grad C. diejenige Wärme übersteigt,
die ihr vermöge der beiden andern Ursachen constant bleiben wird.
Dagegen kann im Innern der Erde noch eine ungeheure Hitze als
Rückstand der ursprünglichen Wärme vorhanden seyn, und die Beob
achtungen lehren in der That, daß die Wärme ungefähr um 1° C.
für 30 bis 40 Meter Tiefe zunimmt*; eine Zunahme, die sich durch
keine äußern erwärmenden Ulsachen erklären läßt.
Anfangs hat die Temperatur der Erde sehr rasch abgenommen,
aber gegenwärtig ist diese Abnahme fast unmerklich für sehr lange
Zeit. Auch die Größe der Wärmezunahme mit der Tiefe wird sich
nicht immer gleich bleiben, allein es werden Jahrtausende (30000
Jahre nach der Berechnung für -3*-° C.) vergehen, bevor sie auf die
Hälfte der gegenwärtigen herabgekommen ist.
Beide Umstände stehen in Beziehung mit einander, denn es
findet eine mathematische Verknüpfung zwischen der Größe der Wär
mezunahme für 1 Meter Tiefe und der Quantität, um welche die
Temperatur der Oberfläche noch diejenige übersteigt, welche ohne den
Einfluß der Urwärme durch den Einfluß der beiden andern Ursachen
Statt haben würde, Statt, so daß sich aus dem einen Umstande
der andere berechnen läßt.
Wenn die Erde eine eiserne Kugel wäre, so würde die Zu
nahme von -jV Grad C. Wärme für den Meter Tiefe blos 4 Grad 6.
für die jetzige Temperaturerhöhung der Erdoberfläche vermöge der Ur-
wärme anzeigen. Nun steht aber diese Erhöhung bei übrigens glei
chen Umständen in directem Verhältniß mit dem eigenthümlichen Wär
meleitungsvermögen der Substanz, aus welcher die Erdkruste besteht;
und da diese Substanz mindestens 8 mal schlechter leitet, als Eisen,
so wird eben hieraus geschlossen, daß die gegenwärtige Temperatur
erhöhung der Erdoberfläche vermöge der Urwärme noch nicht -3V 3 C.
beträgt.
Die Verminderung, welche die Temperaturerhöhung innerhalb
eines Jahrhunderts erfährt, ist gleich dem gegenwärtigen Werthe der
selben, dividirt durch die doppelte Zahl der Jahrhunderte, welche seit
dem Anfange des Erkaltens verflossen sind, und wenn man nur die
Zeit in Rechnung zieht, welche man nach geschichtlichen Documenten
hiefür annehmen kann; so ergiebt sich, daß seit der griechlschen
Schule von Alexandrien bis auf unsere Zeiten die Erdoberfläche ver
möge dieser Ursache noch nicht um V tttt Grad C. sich hat ändern
können.
* Dies ist jedoch nur eine sehr ungefähre Angabe, denn die Beobachtungen
an verschiedenen Orten weiche» in dieser Größe sehr ab, wie aus dem folgenden
Capitel erhelle» wird. — Cor di er glaubt die Tcmperaturzunahine im Mittel
wenigstens zu 1° C. für 25 Meter annehmen zu könne».