Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

386 
Temperatur der Erde im Allgemeinen. 
Der Verlust der ursprünglichen Wärme der Erde ist weit grö 
ßer auf ihrer Oberfläche als in ihrem Innern gewesen; und sie ist 
gegenwärtig auf der Oberfläche so weit erkaltet, daß ihre Temperatur 
hier wahrscheinlich nicht um 3V Grad C. diejenige Wärme übersteigt, 
die ihr vermöge der beiden andern Ursachen constant bleiben wird. 
Dagegen kann im Innern der Erde noch eine ungeheure Hitze als 
Rückstand der ursprünglichen Wärme vorhanden seyn, und die Beob 
achtungen lehren in der That, daß die Wärme ungefähr um 1° C. 
für 30 bis 40 Meter Tiefe zunimmt*; eine Zunahme, die sich durch 
keine äußern erwärmenden Ulsachen erklären läßt. 
Anfangs hat die Temperatur der Erde sehr rasch abgenommen, 
aber gegenwärtig ist diese Abnahme fast unmerklich für sehr lange 
Zeit. Auch die Größe der Wärmezunahme mit der Tiefe wird sich 
nicht immer gleich bleiben, allein es werden Jahrtausende (30000 
Jahre nach der Berechnung für -3*-° C.) vergehen, bevor sie auf die 
Hälfte der gegenwärtigen herabgekommen ist. 
Beide Umstände stehen in Beziehung mit einander, denn es 
findet eine mathematische Verknüpfung zwischen der Größe der Wär 
mezunahme für 1 Meter Tiefe und der Quantität, um welche die 
Temperatur der Oberfläche noch diejenige übersteigt, welche ohne den 
Einfluß der Urwärme durch den Einfluß der beiden andern Ursachen 
Statt haben würde, Statt, so daß sich aus dem einen Umstande 
der andere berechnen läßt. 
Wenn die Erde eine eiserne Kugel wäre, so würde die Zu 
nahme von -jV Grad C. Wärme für den Meter Tiefe blos 4 Grad 6. 
für die jetzige Temperaturerhöhung der Erdoberfläche vermöge der Ur- 
wärme anzeigen. Nun steht aber diese Erhöhung bei übrigens glei 
chen Umständen in directem Verhältniß mit dem eigenthümlichen Wär 
meleitungsvermögen der Substanz, aus welcher die Erdkruste besteht; 
und da diese Substanz mindestens 8 mal schlechter leitet, als Eisen, 
so wird eben hieraus geschlossen, daß die gegenwärtige Temperatur 
erhöhung der Erdoberfläche vermöge der Urwärme noch nicht -3V 3 C. 
beträgt. 
Die Verminderung, welche die Temperaturerhöhung innerhalb 
eines Jahrhunderts erfährt, ist gleich dem gegenwärtigen Werthe der 
selben, dividirt durch die doppelte Zahl der Jahrhunderte, welche seit 
dem Anfange des Erkaltens verflossen sind, und wenn man nur die 
Zeit in Rechnung zieht, welche man nach geschichtlichen Documenten 
hiefür annehmen kann; so ergiebt sich, daß seit der griechlschen 
Schule von Alexandrien bis auf unsere Zeiten die Erdoberfläche ver 
möge dieser Ursache noch nicht um V tttt Grad C. sich hat ändern 
können. 
* Dies ist jedoch nur eine sehr ungefähre Angabe, denn die Beobachtungen 
an verschiedenen Orten weiche» in dieser Größe sehr ab, wie aus dem folgenden 
Capitel erhelle» wird. — Cor di er glaubt die Tcmperaturzunahine im Mittel 
wenigstens zu 1° C. für 25 Meter annehmen zu könne».
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.