Warme im Innern der Erde.
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Findet demnach schon in unserm fingirten Falle keine Identität
Statt, so dürfen wir dieses noch weniger in gewöhnlichen Minen anneh
men, in welchen die äußere Luft beständig Zutritt hat, wo die durch-
stltrirenden Gewässer die Temperatur abändern und wo die Gegen
wart der Grubenlichter und Arbeiter bedeutende Wärmemengen er
zeugen.
Der Zutritt der äußern Luft und der durchfiltrirenden Gewässer
muß, da ihre Temperatur in jedem Fall niedriger als die mittlere
Temperatur des Bodens ist, zur Depression der Temperatur der
Grube wirken; allein diesem Umstand wirkt entgegen die Tem
peraturerhöhung, welche die Gegenwart der Arbeiter und Gruben-
lichter der Luft in der Grube mittheilt, so daß selbst letztre Umstände
von mebrern Gelehrten als die einzigen Ursachen der Wärme in der
Tiefe angesehen worden sind. In der That findet Cordier durch
seine Berechnungen, daß die Gegenwart von 200 Arbeitern und 200
Lampen in einer Stunde eine Luftmasse in einem Stollen von 2 Me
ter Höhe, 1 Meter Breite und 93000 Meter Länge um 1° C. zu
erhöhen vermöchte. Es wird hiedurch in einem großen Theile des
Jahres die Wirkung der vorher genannten, die Temperatur deprinii-
renden, Ursachen aufgehoben; in dem übrigen (warmern) Theile des
Jahres wird hiedurch die Temperatur der Luft über die des Gesteins
erhöht. Es niüssen hiedurch offenbar eine große Menge von Luft
strömen in allen Theilen der Grube erzeugt werden. Da es ferner
sehr wahrscheinlich ist, daß bei einer Temperatur der äußern Luft
von 20" bis 25° C. die während einer Stunde in eine Grube ein
tretende Luft kaum -j-h- von der in lhr enthaltenen Luft betragt, so
muß die Wärme iin Innern dadurch sehr modifieirt werden
Aus diesen Erörterungen erhellt wohl sehr deutlich, daß keine
der Beobachtungen, welche man über die Temperatur der Luft in
den Tiefen mitgetheilt hat, die diesen Tiefen eigenthümlich zukom
mende Wärme mit Sicherheit anzugeben vermöge. Nimmt man
indeß die Beobachtungen, bei welchen alle Data zu einer nähern
Prüfung gegeben sind, zusammen, wählt unter denselben diejenigen
aus, welche bei kaltem Wetter angestellt sind, so deuten doch alle
auf eine merkliche Zunahme der Temperatur mit der Tiefe.
* Von diesem Einflüsse hat sich Cordier rit der Grube du Ravin bei
Carmcaup überzeugt. In diesem Steiukohlcnwcrke fand er am 9tc» Nov. 1822,
wo die Wärme der äußern Luft zwischen 13°,.4 und 14°, 9 G. schwankte, die Tem
peratur der Luft im Innern höher als 23"; als er dagegen die Wärme des Ge
steins prüfte, war dieselbe 17,1; er würde also eine» Fehler von mehr als 6°
begangen haben, wenn er die Temperatur der Lust für hinreichend genau ange
sehen hätte. Dieselbe Erfahrung hat er in mchrcrn andern Gegenden gemacht.
Während seiner sechsjährigen Beobachtungen hat Cordier noch einen andern
Umstand bemerkt. Die Temperatur ist nämlich an der Decke und am Boden des
Stollens sehr ungleich; er hat in Höhen von weniger als 2 Metern häufig Unter
schiede von 3" ja 4" C. gefunden.