Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Erklärung der eigenthümlichen 
als die durchgelassene erfahrt; und in der That zeigt sich ihr Ver 
hältnis; zu den zurückgeworfenen Ringen in einer sehr großen Menge 
Fallen vollkommen deutlich, wovon man sich sowohl durch die Be 
schaffenheit der beobachteten Farbe selbst überzeugen kann, als durch 
die Beschaffenheit derer, in welche sie ausartet, wenn die Zusam 
mensetzung oder innere Struktur der Substanz langsame und fort 
schreitende Veränderungen erfährt. Ich habe in meinem größeren 
Werke eine große Menge Beispiele dieser Verhältnisse angeführt, die 
theils von den Farbenveränderungen hergenommen sind, welche sich 
in den Körpern durch cheinische Operationen hervorrufen lassen, theils 
durch die Natur selbst, mittelst analoger Operationen in der Vege 
tation, von freien Stücken hervorgebracht werden. 
Alle diese Beispiele weisen auf das Deutlichste nach, daß die 
eigenthümliche Farbe der Körper nur etwas Zufälliges ist, abhängig 
von der Größe ihrer Theilchen, so wie ihrer Anordnung. Dies 
wird ins vollste Licht durch folgende, von Thenard herrührende, 
Beobachtung gesetzt. Da dieser geschickte Chemiker zu sieben bis 
acht wiederholten Malen Phosphor mit großer Sorgfalt, in der Ab 
sicht, ihn möglichst rein zu erhalten, destillirt hatte, fand er ihn 
durch diese Operation zum Besitz einer neuen und unerwarteten 
Eigenschaft gelangt. Schmolz man ihn in warmem Wasser, so 
ward er durchsichtig und gelblichweiß, wie man ihn gewöhnlich erhält. 
Ließ man ihn langsam erkalten, so erstarrte er mit Beibehaltung 
dieser Farbe, und blieb halbdurchsichtig; warf man ihn aber, während 
er geschmolzen war, in kaltes Wasser, und rührte ihn mit einem 
Glasstäbchen um, um ihn recht schnell zu erkälten, so ward er plötz 
lich undurchsichtig und vollkommen schwarz. Und doch war in sei 
ner Beschaffenheit keine Veränderung vorgegangen; denn ließ man 
ihn abermals schmelzen, so nahm er seine Farbe und Durchsichtig 
keit wieder an, und behielt sie nach dem Festwerden, wenn man 
ihn langsam erkalten ließ, so daß sich das nämliche Stück Phosphor 
nach Belieben successiv gelb und schwarz, durchsichtig und undurch 
sichtig machen ließ. Diese Beobachtung zeigt wohl auf das Hand 
greiflichste, daß Durchsichtigkeit und Undurchsichtigkeit, Färbung oder 
Farblosigkeit, nur Modificationen sind, welche auf der Anordnung 
und den Dimensionen der materiellen Gruppen, aus denen die Kör 
per bestehen, beruhen. Als Clement und ich diesen Versuch mit 
einer gewissen Quantität dieses Phosphors, den wir von Thvnard 
erhalten hatten, wiederholten, zeigte sich uns eine Erscheinung, 
welche diesen Uebergang aus einem Zustand in den anderen noch 
auffallender macht. Nachdem wir unsern geschmolzenen Phosphor 
in kaltes Wasser geworfen hatten, blieb eine gewisse Anzahl Kügel 
chen, zehn oder zwölf vielleicht, nach verschiedenen Seiten zerstreut, 
ohne ihre Flüssigkeit oder Durchsichtigkeit zu verlieren; wie cs 
scheint, weil entweder wegen der geringen Kälte des Wassers, oder 
wegen irgend einer anderen Ursache, ihre Theilchen sich allmälig wie
	        
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