Yorwort
Das landwirthschaftliche Bauwesen hat von den architektonischen Händen noch nicht die Beacl:
tung erhalten, die es seinem Umfange und seiner Wichtigkeit nach verdient. Deshalb sieht man auch
nur zu häufig noch neu ausgeführte landwirthschaftliche Gebäude , die jeder billigen Anforderung sowohl
in rein architektonischer als in ökonomischer Hinsicht ledig sind. Dem Sachverständigen fällt dieses
aber um so mehr auf, als oft mit demselben Kostenaufwande viel Zweckmässigeres hätte erreicht werden
können und zwar um so eher, als die jetzt auch bei den Bauhandwerkern auf dem Lande vorhandene
bessere Ausbildung dieses wesentlich erleichtert. Die Ursache selbst, dass von der architektonischen
Seite noch so wenig in den landwirthschaftlichen Gebäuden geleistet worden ist, mag übrigens mit
darin liegen, dass hier die eigentlichen productiven Hände gewöhnlich am wenigsten Gelegenheit er-
halten, sich vertrauter mit den ökonomischen Verhältnissen zu machen, da solche natürlich vorziehen
ihre ganze Kraft dem Bilden von Gegenständen zu widmen, die in die höhere oder schöne Architektur
einschlagen. Xch selbst, wie ich offen bekenne, würde auch diesen Weg eingeschlagen haben, wenn
ich mich nicht zu einer nähern Bearbeitung von ökonomischen Gebäuden für verpflichtet gehalten hätte.
Ich habe nämlich in meinem „Beitrag zur Darstellung eines reinen Baustyls“ wiederholt geäussert, dass
der nationale Baustyl, den ich in diesem Werke zu erstreben suche, für alle unsere baulichen Bedürf-
nisse geeignet sei. Da nun die landwirthschaftlichen Gebäude jedenfalls einen wesentlichen Zweig von
der Baukunst bilden, so war die nähere Bearbeitung desselben, obwohl ich diese schon einmal bei
Seite gelegt hatte, am Ende nicht zu umgehen. Das Vorliegende soll daher auch in der gedachten
Beziehung für die Besitzer des erwähnten Werkes einen nähern Beweis abgeben.
Zum Behufe der fraglichen Förderung des landwirthschaftlichen Bauwesens dürfte es sich nun zu-
nächst und besonders um eine systematisch gehaltene Darstellung handeln, da unbezweifelt nur auf
einer solchen Grundlage eine Verbesserung und Weiterbildung erreicht werden kann. Auch wird nur
auf diesem Wege den grossen Fortschritten nachgekommen werden können, welche die Landwirthschaft
in ihren andern Zweigen in der neuesten Zeit gemacht hat.
Der vorgedachten Ansicht gemäss habe ich es nun versucht mit 28 Höfen zu den landwirthschaftlichen
Gebäudeu einen nähern Beitrag zu geben. Ihrer Grundidee nach zerfällt diese Arbeit in zwei Theile.
Der eine davon, welcher die vorliegende 1. Abtheilung bildet, enthält 12 Höfe, bei welchen für die
einzelnen Höfe ein ökonomisches Bedürfniss von 2 Stück Rindvieh u. s. w. anfangend und bis zu
3 Pferden und 12 Stück Rindviceh u. s. w. steigend zu Grunde gelegt ist. Das Eigenthümliche bei
diesen Plänen besteht besonders darin, dass dabei zunächst die Stellung der Gebäude nach der Mit-
tagsseite zu vorausgeselzt ist. KEs ist dieses geschehen um jene bekannten, ausser Zweifel stehenden,
erheblichen Vortheile zu erreichen, welche eine solche, dem wohlthätigen und belebenden Einflusse
der Mittagssonne gegenüber stehende Lage. der Gebäude für seine Bewohner gewährt.
Der andere Theil von den sämmtlichen Entwürfen, welcher in einer 2. Abtheilung folgen wird,
besteht ebenfalls in einer Folge von 16 Höfen, bei welchen ein ökonomisches Bedürfniss von 2 Stück
Rindvieh für den kleinsten und von 4 Pferden und 16 Stück Rindvieh u. s. w. für den grössten Hof
angenommen ist. Die Stellung der Wohn- und Wirthschaftsgebäude bei diesen Plänen ist in der ge-
wöhnlichen‘ Weise gruppirt, wonach an jedem Hof die einzelnen Gebäude den inneren Hofraum des-
selben mehr oder weniger begrenzen; dabei ist jedoch auf die Richtung der Längenseite von den
Wohngebäuden nach Mittag zu ebenfalls Rücksicht genommen worden.
Von dem Entwerfen grösserer Höfe als der gedachten hielt mich, ausserdem dass die vorliegende
Bearbeitung zu umfangreich geworden wäre, besonders der Umstand zurück, dass das Bedürfniss bei
diesen Höfen, durch die jetzt gewöhnlich noch damit verbundenen andern Erwerbszweige, so verschie-
denartig ist, dass, wie ich glaube, nur mit Hülfe der speziellen Vorlage des Zweckes irgend etwas
Brauchbares erreicht werden kann. Erhalte ich für grössere Höfe noch geeignete Data, so folgen
dann vielleicht weiterhin diese in einer 3. Abtheilung nach. Inzwischen bin ich zur Förderung der
fraglichen Angelegenheit gern bereit darüber nähern Rath und Aufschluss zu geben, so wie auch an-
dere Bearbeitungen durchzusehen.
Bei dem Entwerfen der Höfe war natürlich zunächst und besonders zu berücksichtigen a) das
Geschäftliche und b) das Bauliche. In ersterer Hinsicht ist bei allen Höfen ein reiner ökonomischer
Geschäfts-Betrieb angenommen und: nur bei den zwei Höfen mit 4 Pferden sind Branntwein-Brennereien
von einer dem Oekonomie- Umfange angemessenen Grösse hinzugefügt worden. Dabei ist für den Ge-
schäftsbetrieh selbst bei dem Vichstande folgendes Verhältniss, das zugleich als Einheits- oder Grund-
Norm bei allen Höfen angewendet ist, vorausgeselzt:
1 Pferd. 4 Schweine.
4 Stück Rindvich, nämlich 3 Milchkühe und 1 Siück Jungvieh, 9 Gänse.
24 Schafe. 18 Hühner.
Für die Grösse Jer nöthigen Räume selbst ist dagegen angenommen:
1) Bei den Wohngebäuden: Hier ist bei jedem Krippe und des Ganges bei einer
Hof ein Wohnungsgelass von einer Grösse angelegt, wie Reihe, und
solcher in Deutschland und namentlich in Sachsen an c. 28 F. bei zwei Reihen Pferde.
Orten, wo der Landmann sich einer entsprechenden Bil- Für das Rindvieh, und zwar
dung und eines guten Auskommens erfreut, gefunden für 1 Ochsen 41 F. Standbreite,
wird. Bei den vier grösseren Höfen in der 2. Abtheilung „.:. 1.Kuh 4 sy 93 und
sind jedoch die Wohnungen so entworfen, dass solche „. 1 Stück Jungvieh 3 F. Standbreite, bei vorausge-
zur Aufnahme von Familien aus den gebildeten höhern setzten sog. Kopfständen und mit
Ständen dienen können, während an deren Stelle auch c. 17 F. Standlänge incl. der Krippe und des Ganges
einfachere Häuser von den andern Hof-Plänen substituirt bei einer Reihe Vieh (PZ FF);
werden können. Bei der speziellen Erklärung zu den c. 20. F. Standlänge desgl. bei einer Reihe, jedoch mit
einzelnen Möfen wird dieser Gegenstand noch weitere einem besondern Futtergange (Pl. /II);
Andeutungen finden.” c. 25 F_ Standlänge bei zwei Reihen Vieh incl. Krippen
2) Bei den Stallgebäuden, besonders zur Placi- und einem Mittelgange (P/. IX);
rung des Viehstandes und der Unterbringung des Rau c. 30 F_Standlänge bei zwei Reihen Vieh incl. Krippen,
fenfutters: einem Mittelgange und zwei besondern Futter-
Für 1 Pferd 51 F. rheinländisch oder preussisch ') gängen (P/. X);
zur Standbreite, da überall ganze c. 32 F_Standlänge bei zwei Reihen Vieh incl. Krippen,
Standwände vorausgesetzt sind. einem gemeinschaftlichen Futtergange und zwei
c. 18 F. zur Standlänge, einschliesslich der hintern Gängen (PLZ. XI).
SE Für Schafe sind 8 [] F. als eine durchschnittliche
1) Die Grösse dieses bei allen Entwürfen zu Grunde ge- Grösse -— ermittelt aus 10 [7] F. für das Mutterschaf,
legten Masses ist wesentlich zu berücksichtigen, da solches er- 8 [7]. F. tür den Hammel und 6 (7 F. für den Jährling —
heblich länger ist als viele von den andern deutschen Fuss- angenommen. Bei grössern Schäfereien ist weniger an-
maassen , welcher Unterschied sich natürlich bei den Flächen- zunehmen, weil hier die Treppe, das Wassergefäss und
und noch mehr bei den Körpermaassen vergrössert. der Eingang verhältnissmässig weniger Raum wegnehmen.