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Eisenbahnen haben ihre Schienen bis an den Fuß der Schweizer-
alpen vorgerückt und bald werden sie ihren Felsenleib durchziehen; zahl
reiche Kunststraßen schlängeln sich durch Thäler und an Bergseiten und
über Einsattlungen hin und beflügeln und erleichtern selbst dem in weiter
Ferne Wohnenden den Zugang und Eintritt in diese großartige Natur.
Bei der erwähnten umfassenden Thätigkeit zur Erforschung der
Alpen, was könnte da wohl noch unbeachtet geblieben, nicht in den
Bereich der vielseitigen Studien gezogen worden fein ?
Es sind dies die Lauin en, eine der verbreitetsten, großartigsten,
gewaltigsten und zugleich verderblichsten Erscheinungen der Schweizer-
alpen.
Der Alpenwanderer sieht im Sommer allerdings nur zur
Seltenheit einmal, nach frisch gefallenem Schnee oder in Folge von
Abbrüchen an Gletscherwänden, Lauinen ziehen, aus der eigentlichen
Lauinenzeit, dem Winter und Frühjahr, findet er nur noch in engen,
schattigen Thaltiefen Ueberreste in Form von angehäuften schmutzigen
Schneemassen, mit Trümmern von Felsen, Wald und Gebäuden bedeckt;
der Sturz der Lauinen mit all' seinen Schrecken ist aber längst im
Gebirge verhallt.
Was mich zum Studium der Lauinen und ihrer Verbauungen
hinführte, ivar meine einstige Stellung als Mitarbeiter an der Auf
nahme des Schweizer-Atlasses und seit 30 Jahren meine Beamtung
als Gebirgsforstmann. Das in dieser Zeit angehäufte Material
glaubte ich nicht länger liegen lassen, sondern gesichtet und geformt
an's Licht bringen zu sollen, und dies um so beförderlicher, als die
gewonnenen Erfahrungen in Verbau und Aufforstung von Lauinenzügen
manchen Nutzen zu bringen, manche Gefahr zu beseitigen und manchem
Bedrohten die ersehnte Sicherheit zu verschaffen im Falle sein iverden.
In Folge eines, vom eidgenössischen Handels- und Landwirth
schaftsdepartement, in dessen Geschäftskreis die Aufforstungen in den
Alpen fallen, seitdem erhaltenen Auftrags konnte das Unternehmen
um so vollkommener und bälder zur Ausführung gebracht werden.