Full text: Die Lawinen der Schweizeralpen

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sonderbarste Oberflächenbeschaffenheit und bestehen an Oertlichkeiten, 
die ihrer Bildung günstig sind, aus 5 bis 10 hohen Schneelagen 
und darüber, so daß sie besonders in schattigen Vertiefungen bis weit 
in den Sommer hinein aushalten. 
Wird der Schnee, besonders bei südlichen Winden, über Felsen, 
Ecken oder schroff abbrechende Abhänge hinaus geweht, so hängt er 
sich da, wo die Schnelligkeit des Windes sich bricht und ruhigere Luft 
schichten beginnen, allmälig an diese Kanten oder Felsköpse an und 
bildet oft mehrere Meter über den Abhang vorspringende Dachungen, 
sog. Schneeschilde (Windschirme, Wind- oder Schneebretter, Gux- 
schild ^Deutsch-Wallis^ x ). 
Manche Gwehten oder Schilde bilden sich jährlich an derselben 
Stelle, da nämlich, wo der Wind immer nur von derselben Himmels 
gegend her Zutritt hat; ist die Lage offener, so kann die Erscheinung 
örtlich, je nachdem der eine oder andere Windstrom vorherrschend 
ist, wechseln. 
Bei starken, hochziehenden Windströmungen, namentlich bei Föhn, 
sieht man oft den Schnee von Bergspitzen und Gräten in weißen 
Wolken in's Freie hinauswirbeln und zerstäubend allmälig sich ver 
lieren. Es ist dies, vonl Thal aus gesehen, ein höchst anziehendes, 
den Blick fesselndes Schauspiel, wie dasjenige des Sturzes eines 
Wasserfalls oder des Wogens am Seegestade. Doch ist der Ver 
lauf unregelmäßiger, indem die einzelnen Schneewolken nicht in 
gleichen Zwischenräumen folgen und die Formen der Wolken wechseln. 
Am Piz d'Esen (Oberengadin) sah ich den 5. Juli 1879 den Schnee 
in stoßweisen Gwehten wie weiße Blitze von der Spitze weg in's 
Weite fahren. 
Befindet man sich selbst in einer wild treibenden Schneewolke, 
in einem Schneegestöber, das meistens mit Wirbeln verbunden ist, 
9 Französisch: neige en surplomb oder cornielies de neige; in den Sevennen 
congeres; romanisch curuna da nev; im Oberhalbstein (Bünden) carnngas.
	        
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