Verhültniss der Tragkraft zur Stromstärke.
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„Die Anziehung der geraden und Hufeisen-Elektro-
magnete ist dem Quadrate der erregenden Ströme propor
tional.“
§• 6.
Verhältniss der Tragkraft zur Stromstärke.
1. Nähert man einem Magneten in der Verlängerung seiner Axe
einen Stab aus weichem Eisen, so richtet, nach der Ampere’schen Theorie,
der in dem Magneten freie Magnetismus die Molekularströme des weichen
Eisens, d. h. es wird diesem Magnetismus inducirt, und zwar ist, der Sache
gemäss, dem Pole des Magneten der entgegengesetzte Pol im Eisenstahe
zugewandt. Eine diesen beiden befreundeten Polen genäherte Magnetnadel
dreht sich um 180°, sobald sie von einem dieser Pole zum anderen geführt
wird. Diese Polarität macht sich so lange geltend, bis die Pole von Magnet
und Anker einander berühren. Alsdann tritt eine solche Drehung der
genäherten Magnetnadel nicht mehr ein, sondern Magnet und Anker üben
auf dieselbe den Einfluss wie ein einziger Magnet. Während vor der Be
rührung beide Pole freien Magnetismus zeigten, ist derselbe bei der Berührung
verschwunden. Lässt man zwei gleich lange Magnete einander berühren, so
ist bei der Berührung an dieser Stelle der Magnetismus gleich Null, das
ganze System verhält sich alsdann wie ein Magnet, dessen beide Pole ver
stärkt sind. Es ändert sich mithin die Vertheilung des Magnetismus in den
Magneten durch ihre Berührung. Die Aenderung der Vertheilung wird
aber, wie leicht einzusehen ist, nicht erst bei der unmittelbaren Berührung
eintreten, sondern sie muss schon hei der Annäherung allmälig vor sich
gehen.
Tyndall sucht in dieser Thatsache den Grund, weshalb die Tragkraft
nicht demselben Gesetze folgt wie die Anziehung, er sagt: „Die Wirkung bei
der Berührung reducirt sich daher (nämlich, weil sich die Nadel an der
Berührungsstelle nicht umkehrt) auf die Anziehung, welche der Magnet
auf sich selbst ausübt.“ 1 ) Während die folgenden Resultate zeigen,
dass das von Tyndall angenommene Gesetz für die Berührung keine
Gültigkeit hat, werden wir in einem späteren Abschnitte 2 ) Gelegenheit
haben, auf die wahrscheinlichen Gründe der Abweichung bei der Tragkraft
von dem Gesetz für die Anziehung aufmerksamzu machen. Die Anziehung
ist nämlich ganz unzweifelhaft dem Quadrate der Stromstärke proportional,
dagegen zeigt die Tragkraft nicht ganz diese Proportionalität.
1 ) Pogg. Ann. 83 pag. 33. 2 ) Abschnitt VIII. §. 5.