Full text: Magnetische Kreise, deren Theorie und Anwendung

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I. Theil. Theorie. 
§ 65. Faraday’s Kraftlinientheorie. Die entwickelte An 
schauungsweise deckt sich nun völlig mit derjenigen, in welcher 
Faraday’s „Kraftlinien“ eine Hauptrolle spielen, und die erst in 
neuerer Zeit grosse Verbreitung gefunden hat. Denken wir uns 
nämlich in jedem Einheitssolenoid eine einzige Induktionslinie, die 
etwa die Schwerpunkte der Normalquerschnitte verbinde, so lässt 
sich durch diese das Feld ebensogut darstellen wie durch jene; 
wir brauchen dazu nur in den obigen Sätzen das Wort »Einheits 
solenoid« durch »Induktionslinie« zu ersetzen. Wh- werden uns 
dieser bildlichen Ausdrucksweise im Folgenden zuweilen bedienen, 
namentlich an Stellen, wo es weniger auf mathematische Strenge 
als auf Anschaulichkeit ankommt. Hervorzuheben ist besonders, 
dass dann dem Induktionsfluss (3t durch eine geschlossene Kurve 
das von ihr umschnürte Bündel Induktionslinien entspricht, 
und dass deren Anzahl dem Werthe von Q>)t numerisch gleich ist. 
Der Induktion ÜB* an irgend einer Stelle entspricht dagegen die 
»Dichte«, mit welcher die Induktionslinien dort zusammen ge 
schnürt sind; ihre Anzahl pro Querschnittseinheit ergibt ohne 
weiteres das Maass für den Werth von 33;. 
Der Ausdruck »Induktionslinie« ist dem Worte »Kraftlinie« 
unter allen Umständen vorzuziehen. Denn wir haben einmal für 
den noch vielfach mit »magnetischer Kraft« bezeichneten Begriff 
den Ausdruck »magnetische Intensität« gewählt; zweitens wäre es 
immer noch falsch, im vorliegenden Falle von der Intensität zu 
reden, da diese mit der Induktion nur im indifferenten Raume 
identisch ist, keineswegs aber im Ferromagnetikum. In diesem 
letzteren ist überdies die Intensität im allgemeinen nicht einmal 
solenoidal vertheilt (§ 56). Und es muss betont werden, dass das 
Fundamentalprincip der Solenoidalität von 33;, oder der Erhaltung 
des totalen Induktionsflusses &t, eine Hauptvoraussetzung der so 
genannten »Kraftlinientheorie« bildet; ohne jenes Princip wären alle 
ihre Sätze hinfällig. 
Dass das Wort »Kraftlinie« bei dem augenblicklichen Stande 
der Wissenschaft als ein weniger geeignetes betrachtet werden muss, 
beeinträchtigt selbstverständlich durchaus nicht die Fruchtbarkeit 
der Anschauungsweise Faraday’s, welcher die zu gründe liegen 
den, damals vollständig neuen Begriffe einführte, allerdings in schwer 
verständlicher und wenig präciser Form. Erst Maxwell hat den 
Gedanken Faraday’s eine geometrisch scharf defmirbare Gestalt
	        
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