Elementare Theorie unvollkommener magnetischer Kreise.
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Wir betrachten ihn nicht mehr als einen rein geometrischen in
dem Sinne, dass wir darunter die beiden Stirnflächen des Stabes
verstehen; vielmehr fassen wir die Magnetisirung des kurzen Cy
linders so auf, als ob der stärkere magnetische Zustand, welcher in
der Stabmitte herrscht, nur allmählich endete, mithin eine grosse
Anzahl magnetischer Endelemente aufwiese, von denen ein
jedes seine eigene elementare Fern Wirkung nach dem Coulomb-
schen Gesetze ausübte. Ebenso wie vorher ein positives und ein
negatives Ende unterschieden wurde, müssen wir jetzt die End
elemente als positive oder negative unterscheiden, die sich vor
wiegend auf die entsprechenden Hälften des Stabes vertheilen
werden. Dabei muss die algebraische Summe der Stärken aller End
elemente stets Null sein, auch bei einem beliebig gestalteten und
magnetisirten Körper; das folgt u. A. schon aus der (§ 23) an
geführten Thatsache, dass ein fremdes Feld von konstantem Werthe
und unveränderlicher Richtung auf einen solchen Körper nur ein
Kräftepaar, niemals eine Kraft, ausübt.
Hiermit auf das engste zusammenhängend ist der Verlauf der
Magnetisirungslinien, d. h. derjenigen Linien, deren Tan
gente in jedem Punkte der Richtung des Vektors $ entspricht,
ähnlich wie wir es früher bei den Intensitätslinien für den Vektor ¡q
festgestellt haben. Eine Schaar solcher Magnetisirungslinien wurde
bereits in Fig. 7, p. 34, in ihrem ungefähren Verlaufe innerhalb
eines kurzen Cylinders dargestellt. Wie ersichtlich, erreichen viele
Linien nicht in der Stirnfläche, sondern vorher in der Mantel
fläche des Cylinders ihren Endpunkt. Diese Endpunkte versinnbild
lichen in greifbarer Weise den auf den ersten Blick fremdartigen
Begriff des Endelementes, zu dem wir oben gelangten. Wir haben
zwar bisher Linienschaaren im allgemeinen, und insbesondere
Magnetisirungslinien, nur als ein Mittel betrachtet die Richtungen
der betreffenden Vektoren darzustellen, werden aber weiter unten
(§ 59) sehen, dass sie in manchen Fällen auch Schlüsse hinsichtlich
ihrer numerischer Werthe gestatten.
§ 27. Die Endelemente als Fernwirkungscentra. — Hypo
these der zwei Fluida. Wir sind so auf verschiedenen Wegen zu
der Auffassung gelangt, einen magnetisirten Körper gewissermaassen
als mit Endelementen besät zu betrachten, von denen ein jedes
nach dem Coulomb’schen Gesetze in die Ferne zu wirken scheint.