Full text: K - P (4. Band)

Kepler’s Gesetze. 
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Kepler’s Gesetze. 
Keplers Gesetze über den Lauf der 
Planeten. Die frühere Planetentheorie 
war folgende: 
1. Die Bahnen aller Planeten sind 
Kreise. 
2. Die Sonne befindet sich nicht in 
dem Mittelpunkt dieser Kreise. 
3. Innerhalb des Kreises befindet 
sich ein Punkt, der Ausgleichungspunkt 
(punctum aequans), von dem aus 
gesehen der Planet in gleichförmiger Be 
wegung zu sein scheint; d. h. dafs der 
Planet von jedem Ort seiner Bahn aus 
gehend’gedacht, in gleichen Zeiten gleiche 
Winkelgeschwindigkeiten hat und somit 
überall in gleichen Zeiten gleich grofse 
Kreisbogen zu durchlaufen scheint, wie 
wohl er von der Sonne aus betrachtet 
in ungleichförmiger Bewegung sich be 
findet. 
Wenn der Kreis eine Planetenbahn, C 
dessen Mittelpunkt, S den Ort der Sonne 
bedeutet, so sollte dieser Punkt, der Aus 
gleichungspunkt für die Erdbahn 
im Mittelpunkt C liegen, so dafs also die 
Fig. 736. 
Erde eine wirklich gleichförmige Bewe 
gung hatte, indem zu den gleichen Win 
keln aCß und yCö auch gleiche Bogen 
aß und yd gehören. 
Bei den anderen Planeten dagegen lag 
der Ausgleichungspunkt der Sonne ge 
genüber ebenfalls excentrisch in p, von 
wo aus der Planet gleiche Winkelge 
schwindigkeit hatte, so dafs gleichzeitig 
die gleichen Z tp r i und ypd und mit 
ihnen die ungleichen Bogen er] und yd 
durchlaufen wurden. 
Bei der Erdbahn war nun CS die Ex- 
centricität, was sie noch jetzt ist, bei den 
anderen Planeten war dagegen pS als 
Excentricität festgestellt, was sie nicht 
ist. 
Man sieht, die Beobachtungen waren 
so scharf und die Schlüsse so richtig, 
dafs die Astronomen der Wahrheit sehr 
nahe kamen. Allein die Idee von den 
Planetenbahnen in excentrischen Kreisen 
hatte sich bei den Astronomen so fest 
gesetzt, dafs sie von Copernicus und 
Tycho de Brahe auch auf Kepler über- 
ing und bei ihm feste Wurzel fafste. 
chon Ptolemäus (150 J. n. Chr.) hatte 
excentrische Kreise für die Bahnen der 
Planeten und der Sonne, welche sich 
sämmtlich um die Erde dreheten. 
Dafs die Erde allein die Ehre hatte, 
gleichförmig sich zu bewegen, die ande 
ren Planeten nicht, lag offenbar in der 
Beobachtung grofser Excentricitäten bei 
den übrigen Planeten die, mit Ausnahme 
der Venus, bei welcher sie kleiner ist, 
alle viel gröiser sind als bei der Erde. 
Bei dem Mars beträgt sie fast das Acht 
fache der der Erde und gegen V 10 des 
halben grofsen Bahndurchmessers. 
Es ist übrigens klar, dafs der Punkt 
p dem Aphel A zu näher liegen mufs, 
weil dort wegen der Langsamkeit des 
Gestirns ein nur kleiner Bogen gegen 
den am Perihel bei dort grofser Ge 
schwindigkeit in einerlei Zeit zurückge 
legt wird. 
Kepler bemühete sich nun, auf dem 
excentrischen Kreis des einen oder des 
anderen Planeten den Ort jenes Aus- 
leichungspunkts zu ermitteln. Tycho 
atte sich viel mit dem Mars beschäftigt 
und gefunden, dafs pC und Sc verschie 
den seien, Kepler setzte Zweifel darein, 
und beschlofs, eine genaue Untersuchung 
nochmals selbstständig vorzunehmen, warf 
sich auch die Frage auf, wie denn die 
Erde gegen alle übrigen Planeten in Be 
treff der Lage dieses wichtigen Punktes 
eine Ausnahme machen sollte. 
Um dies zu ermitteln war vor allen 
Dingen die Excentricität der Erdbahn zu 
bestimmen, und dies that Kepler auf fol 
gende Weise mit Hülfe von Marsbeob 
achtungen. 
Der Mars hat eine Umlaufszeit von 
686,979.. also von 687 Tagen. Wird 
derselbe, wie Kepler gethan, 3 mal, das 
zweite Mal an dem 687 ten Tage nach 
dem ersten, das dritte Mal an dem 687ten 
Tage nach dem zweiten Beobachtungstag 
beobachtet, so hat sich der Mars bei jeder 
Beobachtung in einem und demselben 
Punkt am Himmel befunden, und der 
auf die Ekliptik reducirte Ort ist jedes 
mal derselbe Punkt M in der Ebene der 
Ekliptik. 
Hat die Erde bei der ersten Beobach 
tung in E gestanden, so ist sie in 365 
Tagen wieder in E gewesen und hat nun 
in den nah bis zum zweiten Beobach 
tungstage verflossenen 322 Tagen den 
Bogen PE"E' beschrieben und steht an
	        
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