Kraft.
55
Kraft.
und als Magnetismus auftritt. Es steht
aber nichts im Wege, diese Aeufserungen
für Stoffe zu halten, welche alle Körper
mehr oder weniger durchdringen, und
einen nothwendigen Bestandtheil dersel
ben ausmachen, wie z. B. die jedem Kör
per zukommende specifische Wärme als
ein nothwendiger Bestandtheil des Kör
pers angesehen werden kann. Dafs die
Wärme als Stoff ihrer Feinheit wegen
auf Gewicht keinen Einflufs hat kann der
Annahme kein Hindernifs sein.
Die Cohäsionskraft ist die Anzie
hungskraft gleichartiger Atome, die Af
finität die Anziehungskraft ungleichar
tiger Atome (s. „Atom“). Es ist nicht
nöthig, dafs man die zwischen den Ato
men befindlichen leeren Räume im Kör
per einer Abstofsungskraft zuschreibt:
Es kann die dem Körper nothwendige
specifische Wärme sein, welcher die Atome
Raum geben müssen, und die bei Zu
führung von noch mehr Wärme noch
mehr Raum geben und die bekannte Aus
dehnung des Körpers und höhere Aggre
gatzustände veranlassen.
Luftförmige Körper scheinen eine Ano
malie gegen diese Behauptungen abzu
geben, indem sie ein Ausdehnungsbe
streben haben. Allein es scheint viel
eher, dafs jeder luftförmige Körper, wie
wir ihn hervorbringen, in einem seiner
Natur nicht entsprechenden, in
einem verdichteten Zustande sich
befindet. Bei der atmosphärischen Luft
ist bekannt, dafs sie ihre Dichtigkeit in
der Nähe der Erdoberfläche ihrer Selbst
belastung verdankt und dafs der Zustand
der ganz obersten Luft, der uns unbe
kannte viel dünnere Zustand ihr natür
licher Zustand ist. Wenn also luftför
mige Körper, wie der Wasserdampf, durch
Ausdehnung eine Kraft hervorbringen,
so geschieht dies allerdings durch gegen
seitige Abstofsung ihrer einzelnen Theile,
allein dies nur in Folge ihres künstlich
verdichteten Zustandes, dem sie Wider
stand leisten.
6. Die Massen, von deren Gröfse nach
Anzahl der Molecüle wir keinen Begriff
haben, sind ihren Gewichten (s. den Art.
„Gewicht“) proportional; man setzt
also statt ihrer Masse ihr Gewicht als
Druckkraft und als Factor für den Stofs.
Aus diesem Grunde werden auch Kräfte
selbst durch Gewichte gemessen.
Auch die ad 5 erwähnten anderen auf
der Erde zu benutzenden Kräfte können,
auf Massen übergehend, Druck und
Stofs erzeugen, und zwar nach beliebigen
Richtungen. Ist aber das Gewicht sol
cher durch eine äufsere Kraft zu Druck
oder Stofs erregten Masse = P, so ist der
Druck nach einer nicht senkrechten Rich
tung nicht = Bund deren Stofswirkung
nicht = P mal Geschwindigkeit, das Ge
wicht P wirkt unter allen Umständen
nur senkrecht abwärts, die nach der
Seitenrichtung fallende Wirkung ergibt
sich aus einer statisch wissenschaftlichen
Untersuchung, welche Zerlegung der
Kräfte genannt wird. Folgende ein
fache Betrachtung wird dies anschaulich
machen: Eine Masse vom Gewicht P
drückt durch sich selbst die Unterlage
mit dem Gewicht P, wird nun noch eine
Kraft p senkrecht abwärts auf die Masse
geführt, so beträgt der Druck auf die Un
terlage P -f p; wirkt die Kraft p senk
recht aufwärts, so ist der Druck auf die
selbe nur P — p. So wie eine Kraft p
in senkrechten Richtungen auf eine Masse
P keine andere Wirkung ausüben kann,
als der Kraft p selbst zugehört, so kann
dies auch in geneigten Richtungen nicht
anders sein.
7. Ein wesentlicher Unterschied zwi
schen der permanenten Schwerkraft und
den übrigen zerstreut befindlichen und
in Thätigkeit gesetzten Naturkräften ist
noch der, dafs erstere ganz selbstständig
wirkt, letztere dagegen für ihre Wirkung
der festen Stützen bedürfen.
Menschen und Thiere in Laufrädern,
auf Tretscheiben wirken nur durch ihr
Gewicht; es sind dies Einrichtungen, durch
welche die mit beschleunigter Bewegung
wirkende Schwerkraft zu gleichförmigem
Gange verändert wird und gehören zur
Schwerkraft. Zugkräfte, Stofskräfte von
Menschen und Thieren sind nur bei fe
stem Standpunkt möglich, welcher die
selbe Zug- und Stofswirkung nach ent
gegengesetzter Richtung empfängt.
Wasser in Wassersäulenmaschinen, in
Gerinnen zum Betrieb von Rädern, Tur
binen wirkt in Folge der nach abgeän
derten Richtungen benutzten Schwerkraft,
in hydraulischen Pressen dagegen ge
schieht die Druckwirkung nur mit Hülfe
des Gegendrucks auf die feste Stirnfläche
des Pumpenkolbens. Eben so wirkt der
Dampf in dem Dampfcylinder gegen den
Kolben nur in Folge der Stütze, welche
er an dem festen Cylinderboden findet.
8. Es mufs nochmals hervorgehoben
werden, dafs man die eigentlichen Natur
kräfte ganz ignorirt und dafs die von
denselben auf Körper übertragenen Wir
kungen als Kräfte gelten, die denn auch
Körperkräfte genannt und nach Ge
wichten gemessen werden.