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Ueber Minimalflächen.
Zweite Abhandlung*).
(Von Herrn L. Kiepert in Darmstadt.)
Es sollen die Formeln der Abhandlung’ I (dieses Journal Bd. 81
S. 337 — 348) zunächst benutzt werden für die Untersuchung zweier specieller
Sehaaren von Minimalflächen, die Herr Schwarz in seiner Abhandlung „Fort
gesetzte Untersuchungen über Minimalflächen“ (Monatsberichte der Berliner
Akademie 1872 S. 25 und 26) die „Ennepersehe Flächenschaar“ und die
„Scherksche Flächenschaar“ nennt. Diese Flächen erscheinen besonders
dadurch interessant, dass sie in mehrfacher Beziehung zu den elliptischen
Functionen stehen. Es lassen sich die Coordinaten eines Flächenpunktes
ziemlich einfach durch elliptische Functionen zweier Veränderlichen | und rj
darstellen, so dass man für constante Werthe von | oder von r] die
Krümmungslinien auf der Ennep ersehen Flächenschaar und die Asymptoten
linien auf der Scherksehen Flächenschaar erhält.
Ebenso liefern constante Werthe von oder von £ — tj die
Asymptotenlinien auf der Ennepersehen Flächenschaar und die Krümmungs
linien auf der Seherksehen Flächenschaar. Durch passende Anwendung
des Additionstheorems können dann die Projectionen dieser Curven auf die
Coordinatenebenen analytisch dargestellt werden.
Ferner enthalten diese Flächen vier Curvenschaaren, bei denen der
Bogen ein elliptisches Integral erster Gattung ist, dessen obere Grenze
eine einfache geometrische Bedeutung hat. Bei der Ennepersehen Flächen
schaar sind zwei dieser Curvenschaaren eben, und die Amplitude des ellip
tischen Integrals ist die s-Coordinate von dem Endpunkt des Curvenbogens.
Die beiden anderen Curvenschaaren sind mit den Krümmungslinien identisch.
Entsprechendes gilt von der Scherksehen Flächenschaar.
*) Einer Mittheilung von befreundeter Seite verdanke ich die Bemerkung, dass
die in §. 8 meiner ersten Abhandlung über Minimalflächen (dieses Journal Bd. 81 S. 344)
unter einer gewissen Voraussetzung ausgeführte Integration der Differentialgleichung
für die kürzesten Linien nicht einen so allgemeinen Fall umfasst, wie ich früher ge
glaubt habe. Der an jener Stelle behandelte Fall bezieht sich nur auf diejenigen
Minimalflächen, die stetig in sich selbst verbiegbar sind. Vergl. „ Miscellen aus dem
Gebiete der Minimalflächen“ von H. A. Schwarz (dieses Journal Bd. 80 S. 296).
Auf Seite 344 der erwähnten Abhandlung Zeile 2 ist das Wort „symmetrische“
zu streichen. - /s
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Ordnung und der Raumcurven dritter Ordnung
als Erzeugnisse projectivischer Gebilde. Nach
Jakob Steiners Principien auf synthetischem
Wege abgeleitet. Leipzig, Teubner, 1880. 720 S.
gr. 8°- M. 16.
Jakob Steiner sagt in der Vorrede zu seinem
Hauptwerke „Systematische Entwickelung der Ab
hängigkeit geometrischer Gestalten” (Berlin i832), dass
Gründlichkeit und mit dem Zwecke entsprechender
Vollständigkeit zu einem organischen Ganzen zu
sammengestellt, sodass das mathematische Publikum
dem geschätzten Herrn Verf. zu aufrichtigem Danke
für sein schätzbares Werk verpflichtet ist
An diesen Dank sei noch die Bitte geknüpft,
dass Herr Sch. dem vorliegenden Buche noch manche
Fortsetzung folgen lasse.
Hannover. L. Kiepert.