Kiepert, Auflösung der Gleichungen fünften Grades.
117
Zur Lösung der allgemeinen Gleichung fünften Grades reicht aber
die Gleichung, welcher a genügt, nicht aus, weil man von den drei Grössen
a, b, c höchstens der einen durch Einführung einer Substitution einen be
stimmten vorgeschriebenen Werth geben kann, während die beiden andern
variabel bleiben müssen, wenn ein von Abel für die algebraisch lösbaren
Gleichungen gegebener Satz, den Herr Kronecker auf die allgemeinen
Gleichungen übertragen hat, Geltung behalten soll. Herr Kronecker ver
langt nämlich, dass alle bei der Auflösung der Gleichung benutzten Hiilfs-
grössen aus den Wurzeln der Gleichung (abgesehen von Wurzeln der
Einheit) rational zusammengesetzt seien.
Dieser Forderung genügt bis jetzt keine der gegebenen Auflösungen
der Gleichungen fünften Grades, denn bei allen kommen irrationale Func
tionen der Wurzeln zur Anwendung.
Man kann z. B. die allgemeine Jacobi-Kroneckersehe ßesolvente auf
eine specielle reduciren, in der a gleich Null ist. Es giebt nämlich un
endlich viele Functionen f von den Wurzeln einer Gleichung fünften Grades,
die einer Jacobi-Kronecker&chen ßesolvente genügen, und mit den zuge
hörigen Werthen /), /i, /2, /‘ 3 , f\ die ßelationen (2“.) oder (2\) befriedigen.
Solche Functionen sind nach den Angaben von Herrn Kronecker z. B.
folgende Ausdrücke, in denen x ()1 x u x 2 , ic 3 , # 4 die Wurzeln der gegebenen
Gleichung fünften Grades bezeichnen:
?»=4 n—4
2 2 x n
1U=0 n— 1
X
m-\-n
sin
2 ri7l
und
in— 4 ra=4
f = 2 2 x 3 m x m+n x m+2n sin
J»=0 71= \
2nn
5 7
wobei die grösseren Indices auf die kleinsten Beste modulo 5 zu be
schränken sind.
Da die ßelationen (2 ft .) und (2 /J .) homogene lineare Gleichungen sind,
so gelten sie auch für /“+«?/", wenn sie für f und /*' einzeln gelten, was
auch v sein mag. Daraus folgt, dass f+rf die Wurzel einer Jacobi-
Kroneckerschen ßesolvente ist, wobei noch v so gewählt werden möge, dass
(/+ 4, / > )’+(/<> 4-©/o) 2 + (/1 + 47 f\Y + (/)+0/2)"+(/3 + ^^3)' + (A+^A)' — ^
wird. Dies giebt zur Berechnung von v eine quadratische Gleichung, deren
Coefficienten aus den Coefficienten der gegebenen Gleichung und der
Quadratwurzel aus ihrer Discriminante rational zusammengesetzt sind.
Durch diese Bestimmung von v erreicht man, dass f+vf' die Wurzel
einer Jacobi-Kroneckerschen ßesolvente wird, in der die Grösse a gleich
1
jn. ¿»uiruier, ineone der Uberllächen zweiter
Ordnung und der Raumcurven dritter Ordnung
als Erzeugnisse projectivischer Gebilde. Nach
Jakob Steiners Principien auf synthetischem
Wege abgeleitet. Leipzig, Teubner, 1880. 720 S.
gr. 8°. M. 16.
Jakob Steiner sagt in der Vorrede zu seinem
Hauptwerke „Systematische Entwickelung der Ab
hängigkeit geometrischer Gestalten” (Berlin i832), dass
Gründlichkeit und mit dem Zwecke entsprechender
Vollständigkeit zu einem organischen Ganzen zu
sammengestellt, sodass das mathematische Publikum
dem geschätzten Herrn Verf. zu aufrichtigem Danke
für sein schätzbares Werk WpAfichtet ist.
An diesen Dank sei noch die Bitte geknüpft,
dass Herr Sch. dem vorliegenden Buche noch manche
Fortsetzung folgen lasse.
Hannover. L. Kiepert.