Full text: Sonderdrucke, Sammelband

Persönliche Erinnerungen an Karl Weierstraß 
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Tischrede, er habe als Knabe bei seinem Bruder Karl mathematischen 
Unterricht gehabt, aber er denke noch immer mit Schrecken daran, 
¿ e nn die Beweise seien meist schlagende Beweise gewesen. Gerade weil 
Weierstraß ein solcher Meister in der Forschung war, hatte er große 
Schwierigkeiten als Lehrer. Seine Vorträge am Gewerbe-Institut fielen 
nicht auf fruchtbaren Boden, denn dort waren die Studierenden so mit 
Pflichtvorlesungen überhäuft, daß sie beim besten Willen keine Zeit 
zur Ausarbeitung mathematischer Vorlesungen hatten. Aber ohne eine 
solche Ausarbeitung konnten sie dem hohen Fluge der Weierstraßschen 
Vorträge nicht folgen. An der Universität war die Sache schon besser, 
weil da die Studierenden ein lebhafteres Interesse für die Mathematik 
hatten; aber leicht ist es uns auch nicht geworden. Als ich im Sommer 
1869 die sechsstündige Vorlesung von Weierstraß über Abelsche 
Funktionen hörte, hatte ich mit einem guten Freunde vereinbart, daß 
er alles, was Weierstraß sagte, wörtlich, ohne Rücksicht auf den Sinn, 
stenographierte, während ich nur ganz kurze Notizen machte, aber wie 
ein Spürhund aufpaßte. Abends wurde dann der Vortrag gemeinschaft 
lich ausgearbeitet. Dabei hatten wir uns das Wort gegeben, uns nicht 
eher zu trennen, als bis die Ausarbeitung fertig wäre. Denn, wenn 
wir das nicht getan hätten, würden wir in der nächsten Vorlesung über 
haupt nichts mehr verstanden haben. Wir haben da manches Mal bis 
um 2 Uhr in der Nacht zusammengearbeitet und 3 oder 4 mal frischen 
Kaffee gekocht, um unsere Geister wach zu erhalten. Nur auf diese 
Weise konnten wir die Vorlesung bis zum Ende mit Nutzen besuchen. 
Diese Schwierigkeiten kamen auch durch die Teilnahme der Studieren 
den an der Vorlesung deutlich zum Ausdruck. In der ersten Woche 
waren 107 Studierende anwesend. Die Zahl der Zuhörer wurde schnell 
kleiner und kleiner und schrumpfte schließlich auf 7 zusammen. Und 
von diesen 7 kamen wohl etliche nur noch, um den Schein zu erwecken, 
als könnten sie dem Vortrage folgen. 
Weierstraß ahnte offenbar selbst nicht, wie große Anstrengung 
seine Vorträge den Zuhörern bereiteten. Denn er erzählte mir später 
einmal, daß ein bedeutender ausländischer Mathematiker ihn besucht 
und auch seine Vorlesung gehört habe. Aus den zwei Stunden Vortrag 
seien aber volle drei Stunden geworden. Beim Heimwege hätte dann 
der ausländische Gast gesagt: 
„In seinem Lande würden das die Studenten 3 Stunden lang nicht 
aushalten.“ Da habe Weier straß erwidert: „0, meine Studenten hätten 
auch noch eine vierte Stunde geduldig zugehörig 
Ein Umstand lag damals noch vor, der die Vorlesungen von Weier 
straß besonders schwer verständlich erscheinen ließ; das war der Gegen- 
Mathematische Wissenschaften. 
H. Schröter, Theorie der Oberflächen zweiter 
Ordnung und der Raumcurven dritter Ordnung 
als Erzeugnisse projectivischer Gebilde. Nach 
Jakob Steiners Principien auf synthetischem 
Wege abgeleitet. Leipzig, Teubner, 1880. 720 S. 
gr. 8°. M. 16. 
Jakob Steiner sagt in der Vorrede zu seinem 
Hauptwerke „Systematische Entwickelung der Ab 
hängigkeit geometrischer Gestalten” (Berlin i832), dass 
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schreiben ist, dass sich der Herr Verf. auf die Unter 
suchung der Flächen zweiter Ordnung und der 
Raumcurven dritter Ordnung beschränkt hat. Nur 
im letzten Paragraphen findet sich eine kurze An 
deutung über das Vorkommen einer Fläche dritter 
Ordnung, insofern sie der geometrische Ort für die 
Pole einer Ebene in Bezug auf die sämmtlichen 
Flächen eines Flächenbündels zweiter Ordnung ist. 
Dagegen sind alle Untersuchungen, welche sich aut 
die Flächen zweiter Ordnung und auf die Raum 
curven dritter Ordnung beziehen, mit rühmenswerter 
Gründlichkeit und mit dem Zwecke entsprechender 
Vollständigkeit zu einem organischen Ganzen zu 
sammengestellt, sodass das mathematische Publikum 
dem geschätzten Herrn Verf. zu aufrichtigem Danke 
für sein schätzbares Werk verpflichtet ist. 
An diesen Dank sei noch die Bitte geknüpft, 
dass Herr Sch. dem vorliegenden Buche noch manche 
Fortsetzung folgen lasse. 
Hannover. L. Kiepert. 
296 
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