Full text: Sonderdrucke, Sammelband

1585 
4- Novbr. DEUTSCHE LITTERATURZEITUNG 1882. Nr. 44. 
1586 
Naturwissenschaften. 
Ed. Strasburger, Ueber den Bau und das Wachstum 
der Zellhäute. Mit 8 Taf. Jena, Fischer, 1882. XVI u. 264 S. 
gr. 8°. M. 10. 
Ein neues Buch Strasburgers wird der Fachmann 
stets mit grofsem Interesse zur Hand nehmen, weil er 
sicher sein kann, darin eine Fülle von wichtigen und 
interessanten Beobachtungen zu finden. Von dem vor 
liegenden Buche gilt das noch in verstärktem Mafse, 
denn es beschäftigt sich mit Fragen, die von funda 
mentaler Bedeutung für die Auffassung des Wachstumes 
und der Structur des Pflanzenkörpers sind. Der früher 
lebhaft geführte Streit, ob die pflanzliche Zellmembran 
durch Apposition oder Intussusception wachse, galt bis 
in die neueste Zeit durch Naegelis scharfsinnige Deduc- 
tionen zu Gunsten der letzteren Hypothese für erledigt, 
entgegenstehende Beobachtungsresultate, wie die von 
Dippel, fanden kaum Beachtung. Die herschende 
Theorie wurde nun in neuerer Zeit einesteils durch 
Schmitzs interessante Beobachtungen, die von St. be 
stätigt und verwertet werden, andererseits durch die 
Untersuchung über Entstehung der Stärkekörner (von 
A. F. W. Schimper u. a.) erschüttert. Sts. vorliegende 
Beobachtungen lassen dieselbe nun geradezu als defini 
tiv beseitigt erscheinen, während in einer Fülle von 
Beispielen gezeigt wird, wie die Membranen durch 
successive Ablagerung dünner Membranlamellen aus 
dem Protoplasma in die Dicke wachsen, und wie 
scheinbar entgegenstehende Fälle sich bei näherer 
Untersuchung in elegantester Weise vielmehr dem son 
stigen Verhalten anschliefsen. Neben der Anlage und 
dem Dickenwachstum der Zellhäute wird die Anlage 
und das Wachstum der Stärkekörner, der Bau derselben 
und der Zellhäute, die Scheidewandbildung, das Flächen 
wachstum der Zellhäute besprochen, und in erwünsch 
tester Weise auf die Vorgänge der Membranbildung im 
Tierreiche hingewiesen und dargelegt, dass auch in 
diesem Punkte (wie hinsichtlich der Zellteilung u. s. w.) 
weitgreifende Uebereinstimmung in beiden Reichen 
besteht. 
Die Schlussabschnitte beschäftigen sich mit der 
Darstellung der Ansichten über die Ursache der Doppel 
brechung der organischen Gebilde, den Molecularbau 
derselben, die Kohlenstoffassimilation, die Rolle des 
Zellkerns u. s. w., zu denen der Verf. auf Grund seiner 
Untersuchungen gekommen ist, Hypothesen, die wol 
zu eingehenden Discussionen Anlass geben werden. 
Bei einer zweiten Auflage würden eine sehr er 
wünschte Beigabe sein zusammenfassende Uebersichten 
z. B. über die Membranbildung von Pollen- und Sporen 
zellen u. s. w. Ob die vom Verf. vorgeschlagene Ter 
minologie Exinium u. s. w. Eingang finden wird, 
scheint dem Ref. fraglich, zumal ihm ein Grund zur 
Beseitigung des Wortes Exospor u. s. w. nicht vorzu 
liegen scheint, denn auch auf Pollenkörner, die ja nichts 
Anderes sind, als Mikrosporen, kann die alte Termino 
logie zweckmäfsig angewendet werden. 
Rostock. K. Goebel. 
Mathematische Wissenschaften. 
Moritz Pasch, Vorlesungen über neuere Geometrie. 
Mit 68 in den Text gedr. Fig. Leipzig, Teubner, 1882. IV u. 201 S. 
gr. 8°. M. 4. 
Das vorliegende Werk ist aus einer im Winter 
1873/74 gehaltenen Vorlesung hervorgegangen und um 
fasst im wesentlichen nur die projectiven Eigenschaften 
der Figuren. Der Verf. bemüht sich aber, mit gröfserer 
Strenge, als es in den meisten Lehrbüchern über Geo 
metrie geschieht, die erforderlichen Grundbegriffe und 
Grundsätze festzustellen, d. h. er zählt auch diejenigen 
Grundsätze auf, denen ihrer Trivialität wegen gewöhn 
lich keine besondere Fassung gegeben wird, um von 
allen Beweisgründen, auch den unscheinbarsten ohne 
Unterschied Rechenschaft zu geben. Durch diese an~ 
gewante Strenge sieht sich der Verf. allerdings zu man 
cher Weitläufigkeit genötigt, schliefslich werden aber 
durch die präcise Darstellung gewisse Vereinfachungen 
ermöglicht. Es sind z. B. alle grundlegenden Begriffe 
und Sätze so gefasst, dass aus ihnen unmittelbar das 
Gesetz der Reciprocität oder Dualität hervorgeht. 
Von der Figur wird dabei insofern abstrahiert, dass 
diese wol als Hilfsmittel benutzt wird, dass aber ein 
Beweis nicht für genügend erachtet wird, wenn zu 
seiner Auffassung die Figur unentbehrlich ist. Gestützt 
auf die zuerst von Herrn Felix Klein gemachte Be 
merkung, dass die projective Geometrie unabhängig 
von der Parallelentheorie besteht und sich ohne deren 
Zuziehung begründen lässt, gibt der Verf. alle Ausein 
andersetzungen in so allgemeiner Form, dass sie die 
Euklidische und die Nichteuklidische Geometrie um 
fassen. Dazu war es allerdings notwendig, die Bedeu 
tung einiger Worte zu erweitern. So werden die Be 
griffe „Punkt”, „Gerade” und „Ebene” gedehnt, indem 
z. B. bei zwei Geraden, die in derselben Ebene liegen, 
stets von einem Durchschnittspunkt die Rede ist, selbst 
wenn ihre Durchschneidung nicht feststeht. Dadurch 
ist die Unterscheidung zwischen eigentlichen und 
uneigentlichen Punkten geboten. 
Den Begriff der Concurrenz konnte der Verf. zum 
Beweise der fundamentalen Sätze nicht ganz entbehren, 
denn der Grundsatz, der an die Stelle dieses Begriffes 
eintreten müste, lässt sich mit den hier verfolgten An 
schauungen nicht in Einklang bringen. 
Nachdem einmal congruente Figuren in die Be 
trachtung hineingezogen waren, hat es der Verf. auch 
nicht gescheut, vom Doppelverhältnis Gebrauch zu 
machen und darauf basierende Coordinaten einzuführen. 
Es kommen zwar zunächst nur solche Punkte, Gerade 
und Ebenen in Betracht, deren Coordinaten sich in 
rationalen Zahlen darstellen lassen, man kann aber 
durch das angegebene Verfahren mit hinreichender 
Annäherung auch die Coordinaten von ganz belie 
bigen Elementen auffinden. 
Mit diesem Uebergange zur analytischen Geometrie 
schliefst das Buch, das als ein schätzenswerter Beitrag 
zur Klärung der die neuere Geometrie begründenden 
Principien betrachtet werden muss. 
Hannover. L. Kiepert.
	        
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