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FLUG UND WOLKEN
W er einmal in seinem Leben geflogen ist, wird immer wieder fliegen und wer einmal die Wunder
der Atmosphäre erlebt hat, weiß, daß es auf Erden nicht seinesgleichen gibt.
Wenn wir mit dem Flugzeug über den Alpen dahinschweben, und die tiefverschneiten Bergriesen mit ihren
glänzenden Gletschern in Bescheidenheit unter uns liegen — wenn Seen und Meere als spiegelnde Flächen
oder brandende Fluten zu uns herauf leuchten, oder — wenn wir über einem weißen Wogenmeer schweben
und die noch feuchten Tragflächen unseres Flugzeuges in der Sonne glitzern, während die Erde in Regen
und Dunst gehüllt ist, — dann überkommt uns ein Gefühl der Bewunderung für die Größe der Schöpfung.
Fast mit das Schönste beim Fliegen sind die Wolken, die mit ihren dauernd wechselnden Formen den Fluggast
immer wieder von neuem entzücken. Bewundernd blickt er durch die Fenster der Flugkabine auf das Wolken
meer, auf gewaltig sich auf türmende Wolkenkolosse, auf Gewitter- und Sturmwolken. Er beobachtet Blitz,
Hagel und Regengüsse neben sich und zum erstenmal im Leben von oben, ohne jedoch durch den Anblick
allein dem Wesen und der Entstehung näher kommen zu können.
Die Schönheiten des Fliegens festzuhalten und auch beim Laien ein Verständnis für das, was an seinen Augen
vorbeizieht, zu erwecken, ist Zweck und Aufgabe dieses Buches.
Wie wir einen Menschen oft erst dann verstehen können, wenn wir alle seine Eigenschaften kennen lernen,
so werden uns die Wolken in ganz anderem Licht erscheinen, wenn wir uns in ihren Charakter vertieft
haben. Sind es die Wolken, die dem Flugsport oftmals Gefahr bringen, so sind doch sie es, die vom künst
lerischen Standpunkt aus das Fliegen erst begehrenswert erscheinen lassen.
Möge der Leser mit mir in’s Reich der Wolken fliegen. In nachstehenden Zeichnungen sind die wichtigsten
Wolkenformen, wie sie an, über und unter uns vorüberziehen, zusammengestellt.
Die häufigste Wolkenart, die wohl jedem durch ihre charakteristische Form bekannt ist, ist die
CUMULUS- ODER HAUFENWOLKE.
Wer kennt nicht diese rundlich aufgeblasenen, glänzend weißen Wolken, die bei schönem Wetter meist
als einzelne Wolkenballen den blauen Himmel zieren! (Siehe Zeichnung und unter anderen auch die
Photographie auf Seite 18 unten.) Diese sog. Schön
wetterwolken, die auf ihrer Oberseite geballt und auf
ihrer Unterseite flach aussehen, ziehen in geringen
Höhen (i—3 km) und meist mit guter Geschwindig
keit dahin. Die Cumuluswolke entsteht besonders bei
feuchter Luft an schönen Tagen morgens und verschwindet dann meist wieder abends. Sehr schön läßt sich
ihre Entwicklung beobachten und somit aus der Wolkenform auf die Tageszeit schließen. Zuerst entstehen
am blauen Himmel kleine nebelartige Flecken, die sich dann in den ersten Vormittagsstunden langsam zu
scharfrandigen Wolkenballen verdichten. Diese werden im Laufe des Tages größer und größer (älter) und