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Eine weitere Wolkenform ist die
STRATUS- ODER SCHICHTWOLKE.
Es handelt sich hier nicht so sehr um eine neue Wolkenart, als um eine andere Wolkenform — nämlich um
die geschlossene Wolkendecke, das bekannte Wolkenmeer. (Siehe nebenstehende Zeichnung.)
Wie bereits erwähnt, entsteht diese durch die gleich
mäßige Hebung erwärmter Luft, die in kältere Schichten
steigt und sich infolgedessen niederschlägt.
Die Entstehung einer Stratusdecke läßt sich am schön
sten vom Gebirge aus beobachten, wenn der in den
Tälern liegende Nebel langsam aufsteigt. Während frühmorgens das Wolkenmeer noch tief unterhalb der Berg
gipfel liegt und wir vom Berge aus auf es herabblicken (siehe Photos auf Seite (\i und 5o), befindet sich
dieselbe Wolkendecke mittags schon hoch über dem Gebirge. (Siehe Photo auf Seite 3g.)
Diese Wolken gehören ganz der unteren Schicht an und haben eine sehr markante ebene oder wellenförmige
Oberfläche, die mit der Schichtgrenze zusammenfällt. (Siehe Photos auf Seite 17.)
Die Flüge über dem Wolkenmeer gehören zu den schönsten Erinnerungen jedes Fliegers. Bald schwebt das
Flugzeug über langen Wolkenwogen dahin, die wie die Grundwellen eines Sturmes von kleineren Wellen über
zogen sind (siehe Photo Seite 2 5), bald gleicht die Oberfläche einer kurzen unruhigen See (siehe Photos Seite 17).
So fliegt das Flugzeug manchmal stundenlang in der Sonne, ohne die Erde zu sehen, und der Pilot wirft nur ab
und zu einen Blick nach dem Kompaß. Endlich taucht er durch die Wolkenmassen nach unten. Vorübergehend
befindet sich das Flugzeug i n den Wolken, was gleichbedeutend mit einem Flug durch den Nebel ist, und was man
mit dem Ausdruck „blind fliegen“ bezeichnet. Wie im Nebel muß sich der Pilot jetzt nach Meßinstrumenten
richten, die ihm die richtige Lage des Flugzeugs in der Luft angeben. Fehlen oder versagen diese, so bleibt
ihm außer dem Geschwindigkeitsanzeiger (dessen Sinken ein Steigen der Maschine und dessen Steigen ein Fallen
der Maschine anzeigt) und dem Seitenwind auf die Backen (was ein geringes seitliches Abrutschen der Ma
schine bedeutet) keine Beurteilungsmöglichkeit über die Lage seines Flugzeuges.
Ist die unter der Stratusdecke liegende Luft klar, so ist die Wolkenschicht in wenigen Sekunden durch
flogen und der Pilot kann an Hand der Karte seine Flugroute kontrollieren. Nicht so einfach liegen die Ver
hältnisse, wenn die Wolkenschicht sehr tief liegt oder bis zur Erde reicht, d. h. in Nebel übergeht. Hier be
steht die Gefahr, daß die Maschine beim Tiefergehen an eine Bergspitze oder am Boden anstößt, bevor der
Pilot das Hindernis entdeckt. So kommt es, daß der Flieger oft lange nach einem Wolkenloch sucht, durch
welches er die Erde und somit die Sichtverhältnisse über dem Erdboden beurteilen kann. An solchen Tagen
fliegt man gerne tief und unterhalb der Wolkendecke, um die Verbindung mit der Erde nicht zu verlieren und
um eventuell noch vor Nebeleintritt rechtzeitig notlanden zu können. Seit der Einführung der drahtlosen
Telegraphie fällt auch diese Besorgnis weg, da sich der Pilot mit den Flugstellen in Verbindung setzen und über
Wetter- und Wolkenverhältnis genaue Auskunft einholen kann. Ferner kann auch auf funktechnischem Wege
der Standort der Maschine gepeilt werden.
Während die gewöhnlichen Stratuswolken den oberen Rand einer Schicht bilden, was aus der gut gekenn
zeichneten Oberseite einerseits und dem kontinuierlichen Übergang in die darunterliegende Luft anderer-