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Erfahrungen bei Entwicklung und Bau von Luftbildgeräten*
Von Dr.-Ing. H.-K. Meier, Oberkochen
In den letzten Jahren konnte die Photogrammetrie ihre Meßverfahren in bemerkenswerter Weise
bis zu Restfehlern von wenigen Mikron steigern. Auf der Suche nach den Ursachen dieser letzten
Mikron hat sich die Auswerteseite - zuletzt durch den Einsatz der Stereokomparatoren — von jegli
chem Verdacht befreien können. Zur Zeit steht deshalb die Aufnahmeseite im Blickpunkt besonderen
Interesses. Dieses Interesse gilt nicht nur den Instrumenten und ihrer Leistungsfähigkeit unter nor
malen Bildflugverhältnissen, sondern in zunehmendem Maße ihrem Verhalten auch unter extremen
Umweltbedingungen. Im folgenden wird über einige Erfahrungen berichtet, welche der Verfasser
bei Entwicklung und Bau von Zeiss-Luftbildgeräten gewinnen konnte.
A) Rückblick
Es ist in diesen Tagen ziemlich genau zehn Jahre her, daß in Oberkochen die Fertigung von Luft
bildkammern wieder aufgenommen werden konnte. Die umfangreichen Jenaer Erfahrungen aus
der Zeit vor 1945 wurden dabei mit Vorteil genutzt; wie bei fast allen anderen Geräten wurde jedoch
die Gelegenheit des Neubeginns ergriffen, um unbeschwert durch Rücksichtnahmen auf Vorhande
nes moderne, leistungsfähige Aufnahmegeräte zu schaffen. Es mag einleitend erlaubt sein, einen kur
zen Rückblick auf diese Entwicklung zu halten.
Nahezu unbemerkt war bereits 15 Jahre vorher eine entscheidende Voraussetzung für diese Ent
wicklung geschaffen worden [4]. Im Jahre 1935 entwickelte A. Smakula in Jena und unabhängig
davon 1936 Strong in den USA ein Verfahren zur Reflexminderung durch Aufdampfen sogenannter
A/4-Schichten. Heute ist dieser T- oder Blaubelag zur Selbstverständlichkeit geworden und nur selten
wird berücksichtigt, daß erst die mittels dieser Methode mögliche Minderung des Reflexlichtes den
Übergang zu besser korrigierten vielgliedrigen Objektiven öffnete. Diese Möglichkeit wurde auf
photogrammetrischem Gebiet - zuerst von Bertele in Heerbrugg, dann von Richter in Oberkochen
[8], [9] — mit der Errechnung der bekannten Hochleistungsobjektive erfolgreich genutzt. Ohne T-
Belag wären diese Objektive wegen des enormen Streulichtes undenkbar.
Der Entwicklung des neuen Aufnahmegerätes wurde in Oberkochen eine Konzeption zugrunde
gelegt, die stichwortartig wie folgt charakterisiert werden kann :
,,Film statt Platte“
„Verschlußzeiten bis 0,001 Sekunden“
„Pan und Infra“
a) ,,Film statt Platte“
Über die Frage, ob Film oder Glasplatten als Schichtträger für photogrammetrische Zwecke benutzt
werden sollten, sind vielfältige Meinungen geäußert worden. In Oberkochen wurden deshalb ent
sprechende Untersuchungen aufgenommen und 1956 veröffentlicht [1], [3]. Der für Glasplatten
gefundene Genauigkeitsgewinn erschien danach für die Praxis zu gering, um die Nachteile, insbeson
dere das hohe Gewicht der Platten, zu rechtfertigen. Die Entscheidung fiel also zugunsten des Filmes,
für dessen Handhabung zur Erzielung optimaler Genauigkeit detaillierte Regeln ausgearbeitet wur
den [1]. Mit Entwicklung und Einführung der neuen Polyesterbasen stellt sich diese Frage erneut.
Zuverlässige Ergebnisse hegen noch nicht vor. Es ist jedoch zu vermuten, daß der Genauigkeits
vorteil von Glasplatten bei Verwendung dieser Basen weiter verringert wird.
*) Vortrag während der Photogranunetrisch Wochen 1963 in München